Aus feindlich wird freundlich:Mehr Geld und Druck aus Paris machen Aventis willig

Lesezeit: 2 min

Der deutsch-französische Konzern hat sich dem französischen Konkurrenten Sanofi ergeben. Ausschlaggebend war massiver Druck der französischen Regierung sowie ein verbessertes Übernahmeangebot. Die deutsche Regierung schweigt sich über das politische Engagement der Franzosen bislang aus.

Mit dieser Einigung werde die Qualität der deutsch-französischen Pharma-Industrie gestärkt, sagte der französische Premierminister Jean-Pierre Raffarin am Sonntag in Paris. Sie entspreche außerdem einem "strategischen Interesse" und erlaube die Erhaltung von Arbeitsplätzen in Frankreich und Europa. Gesundheitsminister Philippe Douste-Blazy sagte, der Zusammenschluss sichere Frankreich eine weltweit führende Rolle in der Pharmaindustrie.

Der ebenfalls an einer Fusion mit Aventis interessierte Schweizer Pharmakonzern Novartis erklärte, er habe sich angesichts einer "starken Intervention der französischen Regierung" zurückgezogen.

Unter dem Eindruck einer möglichen Fusion von Aventis mit dem Novartis hatte Sanofi sein Übernahmeangebot von 58,11 Euro pro Aktie auf 68,93 Euro erhöht. Sanofi hatte im Januar ein feindliches Übernahmeangebot für Aventis vorgelegt, das den nach dem Umsatz doppelt so großen Konkurrenten damals mit 46,6 Milliarden Euro bewertete. Nun werden insgesamt 55,3 Milliarden Euro.

Rückschlag für Aventis

Aventis hatte am Freitag im Abwehrkampf gegen Sanofi-Synthélabos einen herben Rückschlag erlitten. Die französische Börsenaufsichtsbehörde AMF beurteilte den Aventis-Plan, zur Abwehr von Sanofi Optionsscheine an seine Aktionäre auszugeben, als Verstoß gegen die Marktregeln. Das Vorhaben des Straßburger Unternehmens stimme nicht mit Prinzipien für öffentliche Angebote überein, hieß es in einer Erklärung der AMF.

Aventis hatte sich in der Vergangenheit massiv gegen eine Übernahme durch Sanofi gewehrt und den Schweizer Pharmakonzern Novartis als weißen Ritter ins Spiel gebracht. Vergangene Woche hatte Novartis dann Fusionsverhandlungen mit Aventis angekündigt.

Die französische Regierung hatte sich allerdings bemüht, Aventis und Sanofi zu einem Zusammenschluss zu drängen. Raffarin hatte seine Präferenz für die Bildung eines "nationalen Champions" in der Pharmabranche erkennen lassen. Douste-Blazy hatte erklärt, wenn Sanofi sei ohne Fusion selbst in Gefahr, von einem ausländischen Konzern aufgekauft zu werden.

Michael Klippel, Betriebsratsvorsitzender der Aventis Pharma Deutschland, sagte auf AP-Anfrage, die Arbeitnehmervertreter müssten bei der Gestaltung des neuen Konzerns mitreden können. In der Vergangenheit hatten die Arbeitnehmervertreter bereits vor dem Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland gewarnt, falls Sanofi Aventis schlucken sollte.

Bundesregierung: "Unternehmerische Entscheidung"

Die Bundesregierung sieht sich dem Gebot der Neutralität verpflichtet und kommentiert deshalb die Übernahme des deutsch-französischen Pharmakonzerns Aventis durch den Konkurrenten Sanofi-Synthélabo nicht. "Es ist eine unternehmerische Entscheidung", sagte Regierungssprecher Béla Anda. Die Bundesregierung gehe aber davon aus, dass dadurch der Standort Frankfurt am Main gestärkt werde. Auch zu den Äußerungen der französischen Regierung gebe es keinen Kommentar, sagte Anda.

Die Sprecherin von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, Sabine Maass, sagte, der Minister habe bereits Gespräche mit Unternehmensvertretern geführt. Er werde die Gespräche fortsetzen und erneut sein Interesse zum Ausdruck bringen, dass die Arbeitsplätze in Deutschland erhalten bleiben.

© sueddeutsche.de/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: