Auftragsvergabe:Mehr Wettbewerb

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Die Regierung will die Vergabe von öffentlichen Aufträgen künftig digitalisieren. Sie folgt damit einer Vorgabe der Europäischen Union, die sich dadurch mehr Chancen für kleine und mittelgroße Unternehmen erhofft.

Von Guido Bohsem, Berlin

Manche Dinge brauchen eben etwas länger. Schon vor etwa acht Jahren bezifferte eine Ramboll-Studie die Kosten durch die öffentliche Ausschreibung von Aufträgen auf etwa 19 Milliarden Euro im Jahr. Die Kosten entstehen etwa zur Hälfte bei den Unternehmen und der öffentlichen Hand. Wollte man an dieser großen Summe etwas einsparen, so die Studie damals, müsse man darauf setzen, die Aufträge künftig vollkommen elektronisch auszuschreiben. An diesem Mittwoch hat die Bundesregierung dazu einen weiteren Schritt unternommen und eine Verordnung beschlossen, mit der auch das Vergaberecht neu organisiert werden soll.

"Wir bringen das Vergaberecht in das digitale Zeitalter", erklärte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Die Vorschriften seien gebündelt, strukturiert und vereinfacht worden. "So wird die Teilnahme für Unternehmen einfacher und unbürokratischer", erklärte der Wirtschaftsminister. Die Bundesregierung setzt mit dem Vorhaben eine Vorgabe der Europäischen Union um, die sich dadurch erhofft, dass kleine und mittlere Unternehmen künftig stärker an den Ausschreibungen teilnehmen - und auf diese Weise für mehr Wettbewerb sorgen.

Das Verfahren soll von Oktober an komplett papierlos abgewickelt werden

Konkret müssen künftig alle öffentlichen Aufträge oberhalb der europäischen Schwellenwerte (209 000 Euro für Lieferungen sowie Dienstleistungen und 5,225 Millionen Euro für Bauaufträge) im Internet veröffentlicht werden - und zwar veröffentlicht auf einer einzigen Seite, so das Ministerium. Bislang waren die Unternehmen häufig noch gezwungen, sich die Ausschreibungen für die Aufträge selbst in der Zeitung zu suchen. Auch die anschließenden Vergabeverfahren sollen vollständig digital abgewickelt werden. Das heißt, die Unterlagen für das Verfahren können kostenlos im Internet abgerufen werden. Das Bundeswirtschaftsministerium verspricht, dass dies ohne Schwierigkeiten möglich sein soll. Eine qualifizierte elektronische Signatur ist nicht notwendig. Das neue Verfahren soll zum 18. April dieses Jahres eingeführt werden, spätestens zum 18. Oktober dieses Jahres soll es ohne Papier abgewickelt werden.

Rückfragen zu einer Ausschreibung müssen künftig ebenfalls nicht mehr per Schreiben eingereicht werden. Auch hier soll künftig der elektronische Weg reichen. Es soll sogar per Mail geantwortet werden - und zwar schnell und nicht mit wochenlanger Verzögerung. Anschließend können die Unternehmen dann ihr Angebot abgeben, ebenfalls elektronisch. Das soll durch ein Hochladen der Dokumente auf eine der zentralen Vergabe-Plattformen geschehen. Damit entfällt das bislang übliche mehrfache Kopieren der Angebotsunterlagen - und natürlich auch der Postversand. Schließlich soll auch der Zuschlag für den Auftrag an das Unternehmen elektronisch erfolgen.

Ausnahmen gelten nur in wenigen Fällen - falls etwa Teile der Vergabeunterlagen oder der Angebote nicht ohne Weiteres oder überhaupt nicht digitalisiert werden können, dürfen diese auf anderem Weg zugänglich gemacht werden. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums soll die Nutzung der Vergabeplattformen möglichst kostenfrei für Unternehmen sein. Lediglich für Extradienste wie etwa die regelmäßige Information über für das Unternehmen passende Aufträge dürften in Rechnung gestellt werden.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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