Aufsichtsräte unter Beschuss:Wer fliegt, soll zahlen

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Kontrolleure im Visier: Die Politik schaut argwöhnisch auf die Vorteile von Aufsichtsräten und fordert mehr Transparenz. Transparency International will gleich alle Privilegien für die Kontrolleure abschaffen.

So einig sind sich Politiker normalerweise selten - doch wenn es um die Vergütungen von Manager und Aufsichtsräte geht, ziehen die Parteien alle an einem Strang.

Gratis-Abflug: Verdi-Chef Bsirske durfte als Lufthansa-Aufsichtsrat umsonst fliegen. Die Politik will solche Privilegien nun begrenzen. (Foto: Foto: dpa)

Die Freiflüge für Verdi-Chef Frank Bsirske und seine Ehefrau haben die Politiker wachgerüttelt. Der Gewerkschaftsführer war mit der Lufthansa von Frankfurt nach Los Angeles geflogen - erste Klasse, versteht sich. Regulär kosten die Tickets rund 21.000 Euro. Bsirske bekam sie gratis.

Freiflüge nicht limitiert

In der Politik rumort es gewaltig. Bislang hatten die Parteien vor allem die Lohnzettel von Topmanagern im Visier. Nun, so erkennt man in Berlin, muss man auch die Entlohnung von Aufsichtsräten unter die Lupe nehmen. Die Besoldung von Aufsichtsräten müsse auf den Prüfstand, forderte der finanzpolitische Sprecher der Union, Otto Bernhard, in der Financial Times Deutschland. Und SPD-Vizefraktionschef Joachim Poß sagte, die Regeln müssten überprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden.

Auch die Linke und die Grünen signalisierten Unterstützung für die Pläne. Privilegien wie Freiflüge sollten "alle gestrichen werden", forderte Linke-Geschäftsführer Dietmar Bartsch. Die Lufthansa bietet ihren Aufsichtsräten kostenlose Freiflüge an, diese müssen allerdings als geldwerter Vorteil versteuert werden.

Nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten sind die Freiflüge Lufthansa-Kontrolleure nicht einmal limitiert. Eine Kontingentierung sei nicht vorgesehen, zitiert das Blatt einen Lufthansa-Sprecher. Allerdings sei diese Vergünstigung bisher nur in geringem Ausmaß genutzt worden.

Rahmen des Üblichen gesprengt

So hätten die 20 Aufsichtsräte im vergangenen Jahr zusammen 89.000 Euro an Zusatzbezügen erhalten - überwiegend Sitzungsgelder, zu einem kleineren Teil "Beförderungsvergünstigungen", also Freiflüge. Mit dem USA-Flug im Wert von mutmaßlich rund 20.000 Euro für sich und seine Frau hätte Bsirske demnach den Rahmen des bisher Üblichen gesprengt.

Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International hat daher vorgeschlagen, Aufsichtsratsmitgliedern künftig keine Sonderleistungen wie Freiflüge oder Rabatte beim Autokauf mehr zu gewähren. Es müsse klar sein, was Aufsichtsräte für ihre Kontrolltätigkeit vom Unternehmen erhielten, sagte der stellvertretende Vorsitzende Peter von Blomberg der Frankfurter Rundschau. Das sei bei einer Entlohnung, die nur aus Geld bestehe, der Fall. "Wer darauf verzichtet, persönliche Vergünstigungen zu gewähren, vermeidet Missverständnisse und alle Spekulationen über Interessenkonflikte."

Im Deutschen Corporate-Covernance-Kodex ist zu derartigen Vergünstigungen nichts zu lesen. Dagegen ist geregelt, wie derartige Vorteile offengelegt werden müssen. Zudem sollen pro Person nur fünf Posten angenommen werden.

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