Auch noch Geburtstag:Doppel-Fest im Hause Eichel

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Wie der Finanzminister damit lebt, dass er am 24. Dezember Geburtstag hat.

Von Ulrich Schäfer

(SZ vom 24.12.03) - Nein, besinnlich waren die letzten Tage wirklich nicht. Bis tief in die Nacht hat er im Vermittlungsausschuss gesessen, im Wirrwarr des Reformpokers nebenbei eine Milliarde Euro verloren und an alles gedacht, nur nicht an Heiligabend, an seinen doppelten Festtag. Hans Eichel ist, wie er selber sagt, "ein Christkind".

Das "Christkind" Hans Eichel. (Foto: Foto: AP)

Er hat am 24. Dezember Geburtstag, und wahrscheinlich ist er auch deswegen ein so sparsamer, genügsamer Mensch.

Schon früher in seinem Kasseler Elternhaus musste Hans Eichel, geboren im Jahr 1941, lernen, dass die Zahl der Geschenke sich an diesem Tag in Grenzen hält und er eben nicht, wie andere Kinder an ihrem Geburtstag, allein im Mittelpunkt steht.

Und auch heutzutage, immer noch in Kassel, muss der SPD-Politiker damit leben, dass der doppelte Festtag nicht einhergeht mit der doppelten Zahl von Geschenken.

Morgens gibt es die meisten Geschenke

Den größten Schwung gibt es morgens, wenn der SPD-Politiker seinen Geburtstag feiert, meist zusammen mit seinen beiden Kindern, dem Bruder und ein paar Freunden. Nachmittag und Abend gehören dann dem Weihnachtsfest, der Bescherung unterm Tannenbaum. Ein drittes Mal gibt es am 27. Dezember Geschenke.

Schon als Oberbürgermeister von Kassel und später als hessischer Ministerpräsident lud der SPD-Politiker an diesem Tag nochmals Freunde und politische Weggefährten zum Geburtstagsempfang in ein kleines Lokal im Kasseler Stadtteil Kirchditmold ein.

Meist bekommt er einige Flaschen guten Weines, Obstbrände und ein paar Kriminalromane; besonders gern liest Eichel derzeit schwedische Autoren wie Henning Mankell, den sehr sozialdemokratischen Erfinder von "Kommissar Wallander".

Sparsam ist auch das Menü, das der Finanzminister sich am 24. Dezember gönnt: Während anderswo eine Pute oder Gans auf den Tisch kommt, begnügt sich Eichel mit Deftigem - einem warmen Kartoffelsalat mit Würstchen.

Nicht allein

Rein rechnerisch ist er Eichel nicht allein: Knapp 0,3 Prozent aller Menschen werden an diesem Tag geboren; allein in Berlin haben Heiligabend 8499 Menschen Geburtstag.

Auch Politiker teilen Eichels Schicksal, etwa Manfred Rommel, von 1974 bis 1996 CDU-Oberbürgermeister von Stuttgart, der dieses Jahr 75 wird, oder die Kulturstaatsministerin im Kanzleramt, Christina Weiss, die 50 wird.

Wer in den historischen Kalender blickt, findet weitere bekannte Namen: den Gründer des Jesuitenordens, Ignatius von Loyola (1491), Polens Nationaldichter Adam Mickiewicz (1798), die österreichische Kaiserin Elisabeth, bekannt als "Sisi" (1837), den deutschen Verleger Samuel Fischer (1859), den spanischen Literatur-Nobelpreisträger Juan Ramon Jimenez (1881) oder die US-Schauspielerin Ava Gardner (1922).

Eichel selber verteilt in diesen Tagen auch Geschenke - privat, aber auch offiziell. Die liebste Aufgabe hat er dabei von seinem Vorvorgänger Theo Waigel übernommen, der Mitte der Neunziger die Briefmarkenabteilung aus dem aufgelösten Postministerium ins Finanzministerium herüberholte.

"Eine schöne Bescherung"

Seither darf der Minister einmal im Jahr die Weihnachtsbriefmarken vorstellen, eine Aufgabe, die diesmal just am Tag anstand, als die verschwundene Milliarde die Republik erregte.

Die Gäste im Saal der Katholischen Akademie in Berlin mussten sich über eine halbe Stunde gedulden, weil Eichel zunächst dem Kabinett und später den wartenden Journalisten die Gründe für den Rechenfehler erläutern musste. "Eine schöne Bescherung" sei das gewesen, mit der Milliarde, scherzt er später, als er zu Vertretern der Wohlfahrtsverbände und Kirchen spricht.

Irgendwann an diesem Morgen wird Eichel doch noch besinnlich. Er erinnert sich daran, wie die Adventszeit früher war: "In meiner Kindheit roch Weihnachten noch nach Spekulatius. Sie unterstrichen, dass Weihnachten etwas ganz Besonderes war." Es sei schade, "dass es heute schon im September Lebkuchen, Glühwein und Schokoladenweihnachtsmänner zu kaufen gibt". Das nehme dem Fest einen Teil des Besonderen, könne aber "zum Glück das unvergleichliche Gemeinschaftsgefühl an Weihnachten selbst nicht zerstören".

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