Atomchef gefeuert:Großreinemachen bei Vattenfall

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Eilig versucht der schwedische Stromkonzern, sein ramponiertes Image wieder herzurichten: Der Chef der Atomsparte und der Pressesprecher müssen gehen. Der Politik reicht das aber nicht.

Nach dem Informations-Desaster um die Pannen in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel hat der Energiekonzern Vattenfall Europe personelle Konsequenzen gezogen.

Das Unternehmen trennte sich vom Chef seiner Atom-Sparte, Bruno Thomauske. Das teilte die deutsche Vattenfall-Zentrale am Montag in Hamburg "in enger Abstimmung mit der schwedischen Muttergesellschaft" mit. Thomauske bekommt keine neuen Aufgaben und verlässt den Konzern. Zudem erklärte Konzernsprecher Johannes Altmeppen seinen Rücktritt.

Politiker und Umweltschützer reagierten mit verhaltener Zustimmung und forderten den Konzern auf, nicht nur Personen auszutauschen, sondern die Sicherheitskultur grundlegend zu verbessern. Nach einer Pannenserie waren die von Vattenfall betriebenen Meiler Krümmel und Brunsbüttel in Schleswig-Holstein am 28. Juni vom Netz gegangen.

Krümmel steht noch immer still. Vattenfall war zuletzt für seine Informationspolitik immer stärker in die Kritik geraten.

Externe Experten sollen helfen

Vattenfall will die Vorgänge unabhängig von den Untersuchungen der Behörden von einer Gruppe hochrangiger Vertreter aus Technik und Wissenschaft analysieren lassen. "Die Empfehlungen der Gruppe werden wir lückenlos umsetzen", versprach der Konzern. Für die Arbeit der Experten wird das Unternehmen fünf Millionen Euro bereitstellen.

Mit dem Maßnahmenpaket will der Konzern "verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Wir werden alles tun, um die Fehler und Versäumnisse für die Zukunft auszuschließen." Thomauskes Aufgaben wird bis auf weiteres der Kraftwerksvorstand Reinhardt Hassa übernehmen. Sprecher Altmeppen wird kommissarisch durch den Leiter des Konzernbereichs Politik und Gesellschaft, Rainer Knauber, ersetzt. Pressesprecher der deutschen Atomsparte bleibt Ivo Banek.

Das Bundesumweltministerium erwartet von Vattenfall jetzt einen Kurswechsel. Umwelt-Staatssekretär Michael Müller (SPD) sagte dem Fernsehsender n-tv: "Das ist so die übliche Reaktionsweise, dass man dann einen, der auch sicherlich ein bisschen unglücklich in der Öffentlichkeit operiert hat, opfert. Aber es geht ja nicht nur um Austausch von Personen. Es geht vor allem um eine Reform von Konzepten. Und da muss die Firma Vattenfall schon noch was sagen."

Thomauskes ist aus Sicht der Bundestags-Grünen ein "Bauernopfer". Ihr energiepolitischer Sprecher Hans-Josef Fell erklärte in einer Pressemitteilung, mit der Personalie solle der notwendige Lizenzentzug für Krümmel und Brunsbüttel verhindert werden.

"Es ist unverantwortbar, dass die für die schlechte Sicherheitskultur Vattenfalls verantwortlichen Chefs (Klaus) Rauscher und (Lars Göran) Josefsson im Amt bleiben." Greenpeace äußerte sich ähnlich. Sprecher Thomas Breuer sagte: "Fehler im Organisationsablauf sind passiert. Dafür muss jemand gerade stehen.

Aber das grundsätzliche Problem ist nicht gelöst. Vattenfall betreibt mit Brunsbüttel und Krümmel alte und störanfällige Atomkraftwerke." Breuer sprach sich für eine endgültige Abschaltung beider Meiler aus.

Experten der Atomaufsicht wollten am Montagnachmittag Mitarbeiter des Meilers Krümmel zu der Pannenserie Ende Juni befragen. Es ging etwa um Probleme der internen Kommunikation. Auch das Berliner Umweltministerium schickte Experten. Das Treffen fand mit Rücksicht auf die Zeugen an einem geheimen Ort in Norddeutschland statt.

Vattenfall hatte am Freitag im Internet einen Zwischenbericht zu den Zwischenfällen in Krümmel veröffentlicht. Vor zweieinhalb Wochen hatte dort ein Trafo-Brand mit einem Kurzschluss eine Reaktor-Schnellabschaltung ausgelöst. Das Bundesamt für Strahlenschutz beurteilt die Pannen vorerst als relativ ungefährlich, wartet aber noch auf wichtige Fakten.

Vattenfall hat eine Störung der Kategorie N gemeldet. Das wäre ein Ereignis von untergeordneter sicherheitstechnischer Bedeutung. "Aber auch Ereignisse dieser Einstufung können zu sicherheitstechnisch problematischen Situationen führen", sagte der Präsident der Behörde, Wolfram König.

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