AT&T und America Movil wollen die Kontrolle:Telecom Italia vor Übernahme

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Die nordamerikanische AT&T und die mexikanische America Movil streben die Kontrolle an der Telecom Italia an. Italienische Politiker wollten den Einstieg von Ausländern bislang verhindern.

Thorsten Riedl

AT&T, die größte Telefongesellschaft der USA und eine der größten der Welt, sowie der mexikanische Mobilfunkanbieter America Movil bieten insgesamt 4,8 Milliarden Euro für die Mehrheit an der Unternehmensholding, über die Telecom Italia kontrolliert wird.

Die Hauptverwaltung der Telecom Italia in Rozzano bei Mailand. (Foto: Foto: AP)

Die beiden Unternehmen wollen je ein Drittel an der Holding von Pirelli übernehmen.

Das Angebot bewertet die Aktie der Telecom Italia mit 2,82 Euro, abzüglich der Schulden der Kontrollgesellschaft zum Zeitpunkt der Übernahme. Bis zum 30.April verhandelt Pirelli ausschließlich mit AT&T und America Movil.

Rivalen wie die spanische Telefónica und die russische Sistema hatten zuvor schon ihr Interesse angemeldet. Die Papiere der Telecom Italia legten am Montag nach der Nachricht zeitweise um beinahe neun Prozent auf 2,32 Euro zu.

Vierter Eigentümerwechsel in der Firmengeschichte

Zehn Jahre nach der Privatisierung der Telecom Italia soll der vierte Eigentümerwechsel in der Firmengeschichte dem Unternehmen endlich stabile Zukunftsaussichten bringen.

Die Kontrollgesellschaft Olimpia hält zwar lediglich 18 Prozent an der Telecom Italia - ist aber damit der größte Einzelaktionär des ehemaligen Staatsbetriebes. Für einen Käufer bedeutet der Einstieg über Olimpia den einfachsten Weg, maßgeblichen Einfluss bei der Telecom Italia auszuüben. Im Moment hält Pirelli vier Fünftel an Olimpia, Benetton ein Fünftel.

Die Diskussionen um einen Einstieg von Investoren bei Olimpia hatte Pirelli-Chef Marco Tronchetti Provera vergangenen Monat eröffnet. Damals kündigte er an, die für Pirelli verlustreiche Beteiligung abzustoßen.

Weiterer Abschlag

Vor sieben Jahren hat der Reifenhersteller bei einem Aktienpreis von 4,18 Euro gekauft. Zwischenzeitlich hat Pirelli den Wert pro Aktie in den eigenen Büchern bereits auf drei Euro korrigiert. Der von den beiden amerikanischen Unternehmen gebotene Preis von 2,82 würde also einen weiteren Abschlag für Pirelli bedeuten.

AT&T verspricht sich von dem Einstieg bei der Telecom Italia eine bessere Präsenz in Europa. Die Italiener haben Beteiligungen unter anderem auch in Deutschland über die Tochter Hansenet. Von dem stärken Auftritt der Amerikaner in Europa sollen die internationalen Geschäftskunden des Telekommunikationskonzerns profitieren.

AT&T ist in 137 Ländern präsent. Bis Jahresende sollen es 155 sein. Während das Unternehmen in Nordamerika als Komplettanbieter auftritt, begleitet es in Übersee vornehmlich Firmenkunden. So betreut das Unternehmen etwa weltweit die Netze des Autoherstellers General Motors, unter anderem also auch an deutschen Standorten.

Von den 32.000 Beschäftigten, die bei der ältesten Telefongesellschaft der Welt arbeiten, sind bislang jedoch erst 4000 außerhalb der USA tätig.

Für America Movil ist in erster Linie das Lateinamerika-Geschäft der Telecom Italia interessant. Mit dem Mobilfunkanbieter TIM Brasil besitzt die italienische Telefongesellschaft eine Tochterfirma in Südamerika, die in der Branche als ,,Juwel'' gilt.

Zugleich haben die Italiener eine Kaufoption auf Anteile an dem führenden, argentinischen Telekommunikationsunternehmen, die im kommenden Jahr fällig wird. Auch hier würde sich America Movil mehr Einfluss über die mögliche Beteiligung an der Telecom Italia verschaffen.

Wegen des nach wie vor starken Einflusses der italienischen Politik auf den Telekommunikationsmarkt des Landes bewerten Branchenbeobachter eine Beteiligung bei Olimpia daher in erster Linie für AT&T als riskant. ,,Wer in Italien einsteigt, sollte wissen, dass es ein unheimlich komplizierter, politisch getriebener Markt ist'', erklärt Martin Gutberlet, Branchenexperte bei Gartner.

Dazu kommt die Abwehrhaltung von italienischen Politikern gegenüber ausländischen Investoren. Pirelli-Chef Tronchetti hatte sich in Vergangenheit einen offenen Schlagabtausch mit Premierminister Romano Prodi geliefert über den Einfluss von ausländischen Unternehmen bei der Telecom Italia.

Italiens Telekommunikationsminister Paolo Gentiloni sagte am Montag, es gebe ,,große Bedenken'' wegen der jüngsten Entwicklung. Von den vier Mobilfunkgesellschaften des Landes sind schon drei in den Händen ausländischer Eigentümer.

© SZ vom 03.04.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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