Arbeitswelt:Schluss mit Sprüchen

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Kevin Roberts, Saatchi & Saatchi (Foto: Martin Miranda)

Kevin Roberts, Vorstand einer weltweiten Werbe-Agentur, hat in einem Interview mal eben die Gender-Debatte für erledigt erklärt. Jetzt hat er Zeit zum Nachdenken.

Von Katharina Kutsche, München

Dass Peggy Olson in der Werbeagentur Sterling Cooper den Aufstieg von der einfachen Sekretärin zur Junior-Texterin schaffte, war eine Sensation - jedenfalls im Jahr 1960, in dem die erste Staffel der preisgekrönten TV-Serie Mad Men spielt. Olson konnte in ihr durch die Fürsprache ihres Chefs Don Draper eine damals nicht selbstverständliche Karriere beginnen. In der Jetztzeit wäre interessant, ob der fiktive Charakter Peggy Olson als Managerin in der Werbebranche Erfolg haben könnte. Denn das hängt von Chefs wie Kevin Roberts ab. Besser gesagt: hing von ihm ab, denn Roberts, Vorstandsvorsitzender der Agentur Saatchi & Saatchi, wurde an diesem Wochenende von seinem Posten freigestellt, nachdem er sich in einem Interview über Frauen in Führungspositionen reichlich unglücklich geäußert hatte.

Die Nachrichtenseite Business Insider hatte Roberts gefragt, warum nur so wenige Führungsposten in der Branche von Frauen besetzt werden. In seiner Antwort zitierte er einen maltesischen Autor: "Edward de Bono sagte mir mal, dass es keinen Sinn hat, in der falschen Sache brillant zu sein - die verdammte Debatte ist vorbei", so Roberts. "Dies ist eine facettenreiche Welt, wir leben in einer Welt, in der wir wie noch nie zuvor Integration, Zusammenarbeit, Verbundenheit und Kreativität brauchen. Dies spiegelt sich in unserem Unternehmen wider." Frauenförderung ist also eine "falsche Sache"? Die Debatte darüber vorbei? Diese Sprüche kommen nicht von irgendwem. Roberts, 67, arbeitet als Chef von Saatchi & Saatchi, einer weltweit tätigen Werbeagentur mit Sitz in New York und rund 140 Niederlassungen in 80 Ländern. Als Teil der Publicis-Gruppe gehört die Agentur zu den weltgrößten Firmen der Branche. Schon 2011 hatten Mitarbeiterinnen die Publicis-Gruppe wegen Diskriminierung verklagt. Nur 15 Prozent der Führungsfunktionen im Unternehmen würden von Frauen besetzt werden, kritisierten sie, obwohl fast 70 Prozent der Mitarbeiter weiblich seien. 2012 gründete eine Werbefachfrau namens Kat Gordon die Frauen-Initiative "3% Conference", benannt nach dem Anteil an Kreativ-Chefinnen in der Werbebranche. Einer Studie der Organisation zufolge ist fast die Hälfte der Angestellten im Werbesektor weiblich, doch nur etwa jeder zehnte Chef eine Frau.

Roberts führte in dem Interview aus, dass er auf das Nachdenken über Gender-Fragen in seinem Unternehmen keine Zeit verschwende. Schließlich gebe es andere Branchen wie den Finanzsektor, in denen die Situation viel schlimmer sei. Außerdem sei es eine Herausforderung, weibliche Kreative in Top-Positionen zu befördern. "Wir haben einen Haufen talentierter Frauen", sagte er. "Aber wenn sie nach zehn Jahren einen bestimmten Punkt in ihrer Karriere erreicht haben und wir sie zu Direktoren machen wollen, sagen zwei von dreien, dass sie nicht Geschäft und Menschen managen, sondern weiter ihre Arbeit machen wollen."

Die Publicis-Gruppe betonte nach dem Interview, dass die Gender-Debatte ganz und gar nicht vorbei sei. Stattdessen sei es natürlich im Eigeninteresse des Unternehmens, Frauen in Führungsrollen zu haben. Eine andere Haltung kann sich die Firmengruppe wohl auch nicht erlauben. Erst im Mai musste sie drei Millionen Euro zahlen, um das Verfahren von 2011 endlich zu beenden.

© SZ vom 02.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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