Arbeitsplatzabbau bei Siemens:"Es gibt elegantere Methoden als Kündigungen"

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Wo wird Siemens die 15.000 Stellen abbauen? Nicht wenige in Deutschland, sagt ein Konzern-Betriebsrat - denn Löscher selbst habe darauf hingewiesen.

N. Jauker

Bernhard Tröger arbeitete in der Siemens-Festnetzsparte und ist heute Betriebsrat beim Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Networks (NSN). Er engagiert sich im Mitarbeiternetzwerk NCI (Network Cooperation Initiative).

15.000 Arbeitsplätze sollen im Siemens-Konzern abgebaut werden. (Foto: Foto: AP)

sueddeutsche.de: Herr Tröger, Siemens will nun offenbar 15.000 Stellen abbauen - deutlich mehr, als bislang angekündigt. Ist das jetzt der Beginn eines Großreinemachens?

Bernhard Tröger: Ich sehe es eher als Fortsetzung. Schon unter Heinrich von Pierer und später unter Klaus Kleinfeld wurde Siemens zunehmend zu einer Art Holding gemacht: Von der Firma bleibt sozusagen nur ein kleiner Kern, der je nach Bedarf Satelliten zukauft und verkauft und damit natürlich immer weniger Eigenpersonal braucht - besonders in Deutschland. Hier setzt Peter Löscher nur einen Kurs fort.

sueddeutsche.de: Wie stark wird es Deutschland treffen?

Tröger: Es gibt dieses Zitat von Peter Löscher, der gesagt hat, dass er gerne einen richtig guten Chinesen für China hätte, und einen Inder für Indien. Außerdem hat er scharf kritisiert, dass zwar 90 Prozent der Führungskräfte Deutsche seien, aber nur 17 Prozent des Umsatzes in Deutschland erzielt werde. Beides deutet schon darauf hin, dass ein sehr großer Anteil der Streichungen wieder in Deutschland stattfindet.

sueddeutsche.de: Löscher hat erklärt, dass er nicht nur auf Arbeiterebene Stellen streichen wolle, sondern dass es ihm vor allem um die "Lehmschicht" des mittleren und oberen Managements ginge.

Tröger: Das glaube ich erst mal nicht. 15.000 Stellen - so viel "Lehmschicht" haben wir dann auch wieder nicht. Die Streichungen treffen mit Sicherheit auch Fußvolk, es werden also in den Personalabteilungen oder in der Kaufmannschaft Stellen abgebaut werden.

sueddeutsche.de: Wie werden diese Stellen abgebaut - durch Kündigungen?

Tröger: Kündigungen halte ich für unwahrscheinlich, da sie vor allem für große Firmen wie Siemens problematisch sind. Die Firma hat ja bereits 2003 Lehrgeld gezahlt, als sie sämtliche Kündigungsprozesse des Siemens-Standortes an der Münchner Hofmannstraße verloren hat.

sueddeutsche.de: Was erwarten Sie stattdessen?

Tröger: Die Stellen werden wohl durch Betriebsübergänge, Ausgliederungen, Teilbetriebsschließungen und durch natürliche Fluktuation wegfallen. Möglich sind auch freiwillige Trennungsprogramme, wie jetzt bei Nokia Siemens Networks, als 2200 Mitarbeiter freiwillig die Firma verlassen sollten. Die Leute waren schneller weg als alle dachten. Wenn die Zukunftsperspektive nur mies genug ist, gehen die Leute. Der Fall BenQ ist auch ein Beispiel: Ein Firmenteil wird verkauft und geht dann insolvent. Es gibt elegantere Methoden als Kündigungen.

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