Arbeitslosenzahlen:Frühlingserwachen bleibt aus

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Der deutsche Arbeitsmarkt stagniert. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, konnte nur einen leichten Rückgang der Arbeitslosenzahlen vermelden.

Die Zahl der Arbeitslosen ist im März gesunken. Bundesweit gab es 4,547 Millionen Arbeitslose, 62.200 weniger als vor einem Jahr und 93.600 weniger als vor einem Monat, wie die Bundesanstalt für Arbeit am Dienstag in Nürnberg erklärte. Die Arbeitslosenquote lag bei 10,9 Prozent.

Großes West-Ost-Gefälle

In Westdeutschland zählten die Arbeitsämter 2,871 Millionen Stellenlose. Die Quote lag dort nun bei 8,7 Prozent. In Ostdeutschland waren 1,676 Millionen Menschen ohne Arbeitsplatz. Die Quote beträgt dort 19,2 Prozent.

Hauptgrund für den Rückgang ist nach den Worten von BA-Chef Frank-Jürgen Weise die Frühjahrsbelebung. Saisonbereinigt und damit ohne diesen Effekt habe es dagegen einen spürbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit gegeben.

Beim Rückgang im Jahresvergleich macht sich zudem weiter die Statistikänderung zu Beginn diesen Jahres bemerkbar, durch die Teilnehmer in Trainingsmaßnahmen nicht mehr als arbeitslos gezählt werden. Ohne diese Änderung hätte es im Jahresvergleich der Monate März einen Anstieg um gut 14.000 gegeben.

Daran werde deutlich, dass die Konjunktur nach wie vor nicht stark genug sei, um für eine Belebung auf dem Arbeitsmarkt zu sorgen, betonen die Experten. Ende Februar waren in Deutschland 4.641.000 arbeitslose Männer und Frauen registriert.

Die Situation im Detail

In den alten Bundesländern wurden 2.871.482 Arbeitslose registriert. Dies waren 73.957 weniger als im Februar und 9676 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sank im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Prozentpunkte auf 8,7 Prozent. Vor einem Jahr hatte sie bei 8,8 Prozent gelegen.

In den neuen Bundesländern zählten die Arbeitsämter 1.675.970 Arbeitslose, 19.637 weniger als im Februar. Gegenüber dem Vorjahr lag die Zahl im März um 52.520 niedriger. Die Ost-Arbeitslosenquote sank binnen eines Monats um 0,2 Prozentpunkte auf 19,2 Prozent. Vor einem Jahr hatte sie bei 19,6 Prozent gelegen.

Die Zahl der Erwerbstätigen nahm nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts im Januar deutlich um 795.000 auf 37,66 Millionen ab. Im Vergleich zum Vorjahr gab es 134.000 Beschäftigte weniger. Saisonbereinigt nahm die Zahl gegenüber Dezember um 15.000 ab. In den Monaten davor war der saisonbereinigte Rückgang deutlich geringer, so lag er im Durchschnitt des vierten Quartals 2003 bei einem Minus von 3000.

Bei den Auszubildenden ist die Lehrstellenlücke deutlich gewachsen. Ende März waren 171.900 Ausbildungsplätze unbesetzt und damit zehn Prozent weniger als vor einem Jahr. Die Zahl der unversorgten Bewerber stieg dagegen um 2,5 Prozent auf 339.300, womit eine rechnerische Lücke von 167.400 besteht. Diese lag im März 2003 noch bei 140.900. Den Arbeitsämtern wurden von Oktober bis März insgesamt 368.300 Ausbildungsplätze gemeldet. Dies waren sechs Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des abgelaufenen Ausbildungsjahres. Vor allem die Betriebe meldeten weniger.

Clement fordert Investitionen

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat die jüngsten Arbeitsmarktzahlen auf die anhaltend schwache Konjunkturentwicklung zurückgeführt und mehr Investitionen gefordert. "Die jüngsten Arbeitsmarktzahlen zeigen, wie sehr der Arbeitsmarkt im Schlepptau der immer noch zu schwachen Konjunktur hängt", erklärte er. Nötig seien "dringend mehr Wachstum und vor allem höhere Investitionen". Die Weichen habe die Regierung mit ihren Reformen gestellt. "Dabei muss es bleiben", forderte er.

Alles andere führe zu "Verunsicherung oder Abwarten", was die Konjunktur lähme, warnte Clement. Als "Lichtblick" stufte er den Rückgang der Zahl der jugendlichen Arbeitslosen und die Entwicklung der Existenzgründungen ein. Dass sich die Arbeitslosigkeit bei den unter 25-Jährigen deutlich günstiger entwickelt habe als die Arbeitslosigkeit insgesamt, zeige zudem, dass sich die Anstrengungen um Ausbildungsplätze und zusätzliche Fördermöglichkeiten gelohnt hätten.

Reaktionen der Opposition

Die Union sieht in den jüngsten Arbeitsmarktzahlen den Beweis für ein Andauern der Wirtschaftsflaute und das Versagen der Bundesregierung. "Den viel besprochenen Frühjahrsaufschwung gibt es nicht", sagte CDU-Generalsekretär, Laurenz Meyer, am Dienstag in Berlin. Noch immer seien - offen und verdeckt - rund sieben Millionen Menschen ohne Arbeit. Meyer warf der Regierung erneut vor, "mit allen möglichen Tricksereien" die offizielle Arbeitslosenstatistik zu schönen. Rot-Grün stehe "mit beiden Füßen" auf der Wachstumsbremse.

Nach den Worten von Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz war "nie zuvor in der deutschen Nachkriegsgeschichte" der Anteil der Beschäftigten an der Gesamtbevölkerung so niedrig wie im Frühjahr 2004. Darin komme "die strukturelle Wirtschaftskrise unseres Landes" viel deutlicher zum Ausdruck als in der Arbeitslosenstatistik aus Nürnberg, die an Aussagewert immer weiter verliere.

DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sagte, die jüngsten Arbeitsmarkt-Zahlen überraschten nicht. Sie zeigten, "dass noch ein langer Reformweg vor uns liegt". Saisonbereinigt 44 000 Arbeitslose mehr als im Vormonat seien "ein eindringlicher Appell an alle, Reformen konsequent weiterzuverfolgen und mitzutragen." Er warne aber davor, die beginnende Erholung "jetzt zu zerreden."

Personal-Nachfrage hat angezogen

Nach einem Bericht des Tagesspiegels gibt es auf dem Arbeitsmarkt erste Anzeichen für eine Belebung. Die Nachfrage der Wirtschaft nach Personal habe in den letzten Wochen spürbar angezogen, wie eine Umfrage der Zeitung unter Zeitarbeitsfirmen in Deutschland ergab.

Die Geschäftsentwicklung der Zeitarbeitsbranche gelte als Frühindikator für den Arbeitsmarkt, weil die Unternehmen wegen einer konjunkturellen Besserung mehr Aufträge abzuarbeiten hätten, aber nicht sofort neue Vollzeitkräfte einstellten.

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