Arbeitskampf in Norddeutschland:Der Bau streikt

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Hunderte Bauarbeiter in Norddeutschland befinden sich seit Montag in einem unbefristeten Streik. Dabei geht es nach Klaus Wiesehügel von der IG Bau um nichts weniger als das Fortbestehen des Flächentarifvertrags in der Branche.

Die Baubranche in Norddeutschland hat der erste unbefristete Streik seit fünf Jahren erfasst. Auf mehr als 100 Baustellen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein ruhte nach Angaben der Gewerkschaft IG Bau die Arbeit.

Die Arbeitgeber des Bauhandwerks in diesen Ländern hatten - anders als die Bauindustrie - den bundesweiten Schlichterspruch und damit die Tarifeinigung in letzter Minute abgelehnt.

Der Streik wird nach Meinung von IG-Bau-Gewerkschaftschef Klaus Wiesehügel über das Fortbestehen des Flächentarifvertrages entscheiden. Die Arbeitgeber schöben nur vor, dass sie die Einigung aus wirtschaftlichen Gründen nicht mittragen könnten, sagte Wiesehügel.

"Das ist überhaupt gar nicht ihre wirkliche Motivation. Hier geht es um viel, viel mehr. Hier geht es darum, ob das ganze Tarifwerk im Baugewerbe zerbricht oder nicht", sagte Wiesehügel zu Beginn des Streiks auf einer Baustelle in Bad Nenndorf.

"Nicht die wirkliche Motivation"

Der Tarifkompromiss sah eine Einkommenserhöhung um zunächst 3,1 Prozent von Juni an vor sowie einen befristeten Zuschlag in Höhe von 0,4 Prozent. Von 2008 an waren weitere Anhebungen geplant. "Der Tarifabschluss ist einfach zu hoch. Da muss deutlich nachgebessert werden", sagte der Sprecher des niedersächsischen Baugewerbeverbandes, Michael Cuypers.

Die Arbeitgeber im Bauhandwerk Niedersachsen hätten keinerlei Verständnis für den Arbeitskampf und hofften, doch noch zu einer Verständigung mit der IG Bau zu kommen.

Ausgerechnet die tariftreuen Betriebe würden durch den Streik bestraft und diejenigen hätten einen zusätzlichen Vorteil, die sich nicht an Tarifbedingungen hielten, weil die IG Bau dort nicht organisiert sei.

Wanderndes Gewerbe

Der Schlichter im Baugewerbe, Ex-Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement (SPD), hat den norddeutschen Arbeitgebern ein sehr kurzsichtiges Denken vorgeworfen. Es sei kaum denkbar, in der Baubranche ohne einen Flächentarif auszukommen, sagte Clement am Montag in Frankfurt.

"Das Baugewerbe ist ein wanderndes Gewerbe und nicht in Ländergrenzen einzuordnen", sagte Clement. Deshalb sei in dieser Branche ein Flächentarif noch notwendiger als etwa in der Metall- und Elektroindustrie. "Ich hoffe, dass wir den Millimeter, der noch fehlt, noch verwirklichen können", sagte der SPD-Politiker. "Wenn es zu einer Lösung beiträgt, stehe ich für jedes Gespräch zur Verfügung."

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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