Arbeitskampf der Lokführer:"Wir müssen weg von 1500 Euro netto"

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Die Parteien im Tarifstreit der Lokführer haben während des Streiks am Freitag ihre Fronten für weitere Verhandlungen abgesteckt. Die Bahn bekräftigte, dass sie ein neues Angebot vorlegen werde. Gewerkschaftschef Manfred Schell erinnerte an seine Kernanliegen.

Nachdem das Aufsichtsratspräsidium des Konzerns die Protagonisten Bahnchef Hartmut Mehdorn und GDL-Chef Manfred Schell am Donnerstagabend wieder zur Aufnahme von Verhandlungen ermutigt hatte, bekräftigten Bahn-Manager, sie wollten am Montag ein neues Angebot vorlegen.

Schell drohte allerdings mit neuerlichen Arbeitsniederlegungen, falls das Angebot nicht ausreiche.

Schell forderte in Frankfurt den Bahn-Vorstand auf, ein "vernünftiges Angebot" vorzulegen, auf dessen Grundlage erstmals erfolgreich über einen eigenständigen Tarifvertrag verhandelt werden könne.

Weitere Streiks bei ungenügendem Angebot

In dem Fall werde die Gewerkschaft bis Ende des Monats auf Arbeitsniederlegungen verzichten. Sollte das Angebot ungenügend ausfallen, seien neue Streiks ab Mittwoch nächster Woche möglich.

Dass die Gewerkschaft nach dem Berliner Spitzengespräch vom Donnerstag den für Freitag vorbereiteten Streik nicht abgesagt hat, begründete Schell zum einen damit, dass 200 Ortsgruppen und Streikleitungen nicht kurzfristig hätten informiert werden können.

Zum anderen kritisierte er: "Es geht darum, dass die Bahn ein Ultimatum, das wir bis Dienstag gesetzt haben, nutzlos hat verstreichen lassen. Und wir sind es leid, mit uns Kasperle spielen zu lassen."

"Ein beglückendes Gefühl"

Schell sagte über das Ergebnis des Spitzengesprächs: "Wir haben ganz konkret beredet, was das, zumindest aus unserer Sicht, für ein beglückendes Gefühl ist, wenn der Bahnvorstand jetzt unseren Kolleginnen und Kollegen anbietet, für zwei Stunden Mehrarbeit - also für die 43-Stunden-Woche - auch noch fünf Prozent mehr zu zahlen. Das ist allerhand." Auch seien familienfreundlichere Dienstpläne angeboten worden.

"Das hat alles mit einer Tarifrunde nichts zu tun", kritisierte der GDL-Chef. "Es geht um den Kern. Wir wollen und wir müssen weg von 1.500 Euro Nettoverdienst."

Schells Kollege Norbert Hansen, der Vorsitzende der konkurrierenden Verkehrsgewerkschaft Transnet, kritisierte die Arbeitsniederlegungen scharf. "Das ist ein völlig überflüssiger Streik", sagte er dem "RBB-Inforadio".

Schell "hätte diesen Streik auch absagen können vor dem Hintergrund des für Montag zu erwartenden Angebots der Bahn", sagte Hansen.

"Nicht mehr Herr des Geschehens"

"Ich kann nur feststellen, dass die Streikführung der GDL offensichtlich nicht mehr Herr des Geschehens ist." Bei dem Spitzengespräch sei deutlich geworden, dass der Bahn-Vorstand zu weiteren Einkommensverbesserungen für alle Beschäftigten bereit sei, meinte Hansen.

Der GDL gehe es nicht um materielle Forderungen, sondern um einen Tarifvertrag, der ihr "organisationspolitische Vorteile" bieten solle.

Die GDL streitet darüber hinaus mit der Bahn vor dem Berliner Arbeitsgericht über eine sogenannte Notdienstverordnung. Darin wird normalerweise zwischen Tarifparteien geregelt, welche Tätigkeiten bei einem Streik weiter ausgeübt werden müssen, etwa unentbehrliche, sicherheitsrelevante Arbeiten.

Keine Notdienstverordnung

Zwischen Bahn und GDL gibt es nach übereinstimmenden Angaben keine solche Regelung, deshalb hat die Bahn eigenmächtig eine aufgestellt und versuchte sie am Freitag durchzusetzen. Ob und in welchem Umfang das rechtens war, sollte das Gericht klären.

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