Arbeitskampf bei der Telekom:Bundesbürger haben Verständnis für Streik

Lesezeit: 2 min

Die Mehrheit der Bundesbürger äußert Verständnis für die streikenden Telekom-Mitarbeiter, so eine Umfrage. Unterdessen erhöhte der Konzern den Bonus für Streikbrecher - auf 500 Euro.

Der Streik der Telekom-Mitarbeiter gegen Mehrarbeit und schlechtere Bezahlung im Service ging am Dienstag in die fünfte Runde. Rund 16.000 Servicemitarbeiter waren nach Angaben von Verdi-Streikleiter Ado Wilhelm an diesem Tag dazu aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen.

Schwerpunkte des bundesweiten Streiks seien erneut Nordrhein-Westfalen und Berlin/Brandenburg mit jeweils etwa 2.500 Beschäftigten. Am Montag waren bundesweit rund 15.000 Mitarbeiter der Festnetzsparte T-Com der Arbeit ferngeblieben. Am fünften Tag des Streiks beteiligten sich in Bayern ebenfalls rund 2.500 Mitarbeiter.

"Wir machen so lange weiter, bis die Telekom endlich einlenkt," sagte Wilhelm. Der Streikwille sei ungebrochen. Der Ausstand, der sich gegen die Auslagerung von rund 50.000 Servicekräften in Unterfirmen richtet, hatte am Freitag mit rund 11.000 Beschäftigten begonnen und war über das Wochenende auf etwa 1.500 Mitarbeiter zurückgefahren worden.

Längere Wartezeiten

Bestreikt werden laut Verdi erneut Callcenter, technische Kundendienste und Bereiche der technischen Infrastruktur. Kunden müssten daher auch weiter mit längeren Wartezeiten und Störungen im Betriebsablauf rechnen, sagte ein Sprecher in Berlin. Inzwischen seien bei der Telekom erhebliche Beeinträchtigungen zu verzeichnen.

Betroffen von den Streiks sind auch die technischen Vorbereitungen für den G-8-Gipfel der Industriestaaten Anfang Juni in Heiligendamm.

Neue Prämie für Streikbrecher

Inzwischen hat die Telekom angeboten, die bisherigen Streikbrecher-Prämien von bisher 300 Euro ab Dienstag auf 500 Euro zu erhöhen. Verdi sprach von einem Kopfgeld und nannte dies "ungeheuerlich".

Zudem war von weiteren Geldprämien die Rede, mit denen die Telekom ihre Mitarbeiter zur Rückkehr zum Arbeitsplatz bewegen möchte. In einer SMS an Beschäftigte hieß es wörtlich: "Hallo Kollegen, wer ab morgen wieder seinen Dienst antritt, bekommt täglich 50 Euro solange gestreikt wird."

Die Telekom bestätigte den Versand einer solchen SMS an streikende Mitarbeiter nicht. Im Konzern gebe es lediglich eine grundsätzliche Regelung, wonach Mitarbeiter bei außergewöhnlichen Belastungen mehr Geld bekommen könnten, sagte ein Sprecher.

Tankgutscheine

Bei der Telekom-Niederlassung Mönchengladbach sollten streikende Mitarbeiter offenbar mit Tankgutscheinen im Wert von 25 Euro zurück an den Arbeitsplatz gelockt werden. Nur ganz wenige Mitarbeiter würden an dem Streik allerdings nicht teilnehmen, sagten Beschäftigte der Niederlassung zu sueddeutsche.de.

Vertreter der Gewerkschaft reagierten mit Empörung auf die Streikbrecher-Prämien: "Die Wirkung des Streiks wird in dieser Woche deutlich zunehmen", sagte Verdi-Bundesvorstand Lothar Schröder.

"Die Leute lassen sich nicht für 50 Euro täglich kaufen, wenn sie künftig im Monat mehrere hundert Euro weniger verdienen sollen", betonte Streikleiter Wilhelm.

Streikposten bedrängt

Der Berliner Verdi-Fachbereichsleiter Mike Döding warf dem Unternehmen zudem vor, einzelnen Streikenden mit Entlassung gedroht zu haben. Führungskräfte hätten Streikposten auf dem Betriebsgelände bedrängt.

Je länger der Protest dauere, desto mehr Arbeit bleibe liegen. Wilhelm sprach von bislang "mehreren zehntausend liegengebliebenen Aufträgen", was der Konzern nicht bestätigte.

Indes äußern Bundesbürger großes Verständnis für den Arbeitskampf der Telekom-Beschäftigten. In einer Umfrage für den Stern bekundeten mehr als drei Viertel der Befragten (78 Prozent) Verständnis für den Ausstand, wie das Hamburger Magazin am Dienstag vorab berichtete.

Der Streik stößt bei knapp jedem fünften Bürger (19 Prozent) auf Unverständnis. Mit "weiß nicht" antworteten drei Prozent.

Für die Forsa-Erhebung im Auftrag des Magazins wurden am vergangenen Donnerstag und Freitag 1003 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger befragt. Die statistische Fehlertoleranz lag bei etwa drei Prozentpunkten.

© sueddeutsche.de/AP/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: