Anwaltsgebühren:Kompliziert und unbezahlbar?

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Wie kann man eine Abrechung überprüfen? Ein Wegweiser durch das Dickicht der gesetzlichen Gebühren.

Von Melanie Zerahn

Nicht alle Mandanten sind rechtschutz- versichert oder haben Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Mit welchen Kosten ist dann zu rechnen?

Die Abrechung der Anwaltsgebühren erfolgt entweder nach Gesetz oder aufgrund Honorarvereinbarungen. Seit 1. Juli 2004 ist das neue Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Kraft.

Die neuen Regelungen der RGV gelten nur für Mandate, die nach dem 30. Juni 2004 erteilt wurden. Wer vorher bereits einen Anwalt beauftragt hat, bekommt eine Rechung nach der alten Gebührenordnung (BRAGO). Nur wenn später ein Rechtsmittel eingelegt wird, gilt hierfür das neue Recht.

"Ob der Rechtsanwalt nach der jeweils richtigen Gebührenordnung abgerechnet hat, sollte vom Mandanten unbedingt überprüft werden", sagt Rechtsanwalt Dr. Daniel Rohlff von der Kanzlei Groll, Gross & Steiner in München.

Je komplizierter, desto teurer

Bei den gesetzlichen Gebühren orientiert sich das Anwaltshonorar stärker als bislang an der Schwierigkeit des Rechtsfalls und am Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit. Im Klartext heißt das, je schwieriger und komplizierter ein Rechtsstreit ist und je mehr Arbeit der Anwalt einsetzen muss, desto höher wird sein Honorar.

Anders ist das bei einer einmaligen Beratung: "Bei einer Erstberatung darf der Anwalt nicht mehr als 190 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer, also insgesamt 243,60 Euro abrechnen," weiß Rechtsanwältin Ines Burrer von der Kanzlei Brodski & Lehner in München, "beauftragt der Mandant danach den Anwalt weiter, wird dieser Betrag angerechnet."

Der Gegenstandswert ist entscheidend

In Zivil- Arbeits-, Verwaltungs- und finanzrechtlichen Angelegenheiten errechnet sich das Anwaltshonorar nach zwei Faktoren: Dem Gegenstandswert und der auftragsgemäß entfalteten Tätigkeit. Unter dem Gegenstandwert, auch Streitwert genannt, versteht man den objektiven Geldwert.

"Bei Geldforderungen ist das der Betrag, um den gestritten wird. Bei wiederkehrenden Leistungen wie Miete, Pacht, Unterhalt oder Arbeitsvergütung richtet sich der Wert nach dem Jahresbetrag," erklärt Rechtsanwältin Burrer. Wird bei diesen Leistungen lediglich um die Höhe gestritten, ist der Streitwert der Differenzbetrag, der verlangt wird, auf ein Jahr gerechnet.

Je höher der Streit- oder Gegenstandwert ist, desto höher sind die Anwaltsgebühren. Allerdings wachsen die Gebühren nicht proportional zum Streitwert, sondern sind mäßig gestaffelt. Vor Gericht ist zu beachten, dass sich der Streitwert durch die Widerklage des Gegners oder dessen Aufrechnung erhöhen kann.

Gebührendickicht

Das Gesetz unterscheidet Festgebühren und Rahmengebühren. Festgebühren fallen meist für gerichtliche Tätigkeiten im Zivil- Verwaltungs- und Arbeitsrecht an. Rahmengebühren werden überwiegend für außergerichtliche Tätigkeiten sowie weitgehend für die Gebiete des Straf- und Sozialrechts vorgesehen.

Zunächst wird anhand des Gegenstandswerts die Höhe der Einzelgebühr ermittelt, die sich aus der Gebührentabelle ergibt. Vom Umfang der Tätigkeit hängt es dann ab, welche Gebühren mit welchem Faktor der Anwalt in Rechung stellen kann.

Weist der Fall keine Besonderheiten auf, stellt der Rechtsanwalt die sogenannte Mittelgebühr in Rechnung. Er geht dann davon aus, dass der Fall durchschnittlichen Anforderungen entspricht.

Wie schwierig oder umfangreich er den Rechtsstreit einschätzt, entscheidet der Anwalt selbst: Von den Gerichten wird ihm dabei ein Ermessensspielraum von 20 Prozent zugebilligt.

Für die Einarbeitung in eine Sache kann der Anwalt bei außergerichtlichen Tätigkeiten eine Geschäftsgebühr zwischen 0,5 und 2,5 abrechnen. Dabei darf er eine Gebühr von mehr als 1,3 (Schwellenwert) nur fordern, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

Außergerichtliches Tätigwerden wird auf Prozess angerechnet

Sollte der Auftrag sich auf ein Schreiben einfacher Art beschränken, beträgt die Geschäftsgebühr sogar nur 0,3. Falls der Anwalt am Abschluss eines Vertrages mitgewirkt hat, durch den der Streit beigelegt wird, ist eine Einigungsgebühr fällig.

Kommt es zu einem Prozess, so erhält der Anwalt für die erste Instanz bis zu 3,5 Gebühren - eine 1,3 Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts, eine 1,2 Terminsgebühr für die Vetretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs-, oder Beweisaufnahmetermin und eventuell eine 1,0 Einigungsgebühr für den Abschluss eines Vergleichs.

Wenn bereits außergerichtlich eine Geschäftsgebühr angefallen ist, muss diese auf die Verfahrensgebühr zur Hälfte, höchstens jedoch mit 0,75 Euro, angerechnet werden.

Wird der Anwalt also zuerst außergerichtlich und dann gerichtlich in derselben Sache tätig, muss der Mandant neben den Gebühren für die gerichtliche Tätigkeit nur einen Teil der Gebühr für die außergerichtliche Streitigkeit zahlen.

Reisekosten, Umsatzsteuer, Kopien

"In derselben Sache kann der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal fordern, egal wie viel Arbeitsaufwand ihn trifft", betont Rechtsanwalt Rohlff. In gerichtlichen Verfahren zählt allerdings jeder Rechtszug (Erstinstanz, Berufung, Revision).

Neben den Gebühren erhält der Anwalt seine Auslagen ersetzt. Die wichtigsten Auslagen, die ein Rechtsanwalt haben kann, sind Kopien - 0,50 Euro für die ersten 50 Seiten, 0,15 Euro für jede weitere Seite, Post- und Telekommunikation - pauschal höchstens 20,00 Euro -, Reisekosten und Umsatzsteuer.

In der Praxis muss der Anwalt detailliert nachweisen, wann und aus welchem Grund er wie viele Kopien gefertigt hat. Für die Fahrten mit dem eigenen Pkw stehen dem Anwalt 0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer zu. Zusätzlich stehen ihm bei jeder Reise Abwesenheitspauschalen zu: 20 Euro bei Abwesenheit bis zu vier Stunden, 35 Euro von vier bis acht Stunden und 60 Euro bei Abwesenheit von mehr als acht Stunden pro Tag. Auf alle anfallenden Auslagen ist die Umsatzsteuer zu zahlen.

Vor dem Arbeitsgericht zahlt jeder selbst

Geht der Streit vor Gericht, so wird eine Kostenentscheidung verfügt. Darin werden entweder der unterlegenen Partei die Kosten auferlegt oder eine Quote gebildet. Bei einem Vergleich werden die Kosten oft gegeneinander aufgehoben.

Der Mandant kann aufgrund der Kostenentscheidung des Gerichts einen Erstattungsanspruch gegen den Gegner haben. "Eine Ausnahme bildet das Arbeitsgericht - dort trägt jeder seine Kosten selbst, auch die außergerichtlichen", weiß Rechtsanwältin Burrer.

In außergerichtlichen Fällen können dem Gegner die Kosten auferlegt werden, wenn dieser sich beispielsweise in Verzug befindet oder Schadensersatz zu leisten hat. Bringt der Gegner allerdings Einwendungen vor, so wird er auch die Kostennote des Anwalts nicht zahlen.

Neben den Gebühren und Auslagen muss der Mandant seinem Anwalt natürlich die im konkreten Mandat entstandenen Aufwendungen erstatten, beispielsweise Gerichtskostenvorschüsse, Gerichtsvollzieherkosten oder Verwaltungsgebühren.

Für einen Vergleich erhält der Anwalt eine zusätzliche Gebühr von 1,5 bei außergerichtlichem oder 1,0 bei einem gerichtlichen Vergleich. Gleichzeitig ermäßigen sich die Gerichtsgebühren vor dem Zivilgericht auf ein Drittel der für das Urteil anfallenden Gebühren. "Im Arbeitsgerichtsverfahren entfallen die Gerichtsgebühren sogar ganz", erklärt Burrer.

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