Anwalt suchen:Schwieriger als gedacht

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Kosten, Ärger, Frust - plötzlich ist er da, der Rechtsstreit. Die meisten stehen dem juristischen Konflikt erst mal hilflos gegenüber. Doch wie findet man den richtigen Anwalt?

Von Melanie Zerahn

Erstes Hindernis ist das Standesrecht der Rechtsanwälte. Es verbietet ihnen Werbung - nur ein Kanzleischild oder etwa ein dezent gestalteter Briefkopf sind erlaubt. Hier eine Stellenanzeige, dort ein Internetauftritt - mehr ist für Anwälte nicht herauszuholen.

Anlaufstelle deshalb: Die Gelben Seiten oder das Telefonbuch. Dumm nur, dass in Großstädten die Zahl der Anwälte ins Unermeßliche steigt. Da telefoniert man sich schnell mal ins Sankt Nimmerleinsland. Was also tun?

Wer glaubt, er frage einfach bei Gericht, der kommt nicht viel weiter: Gerichte geben in der Regel keine Empfehlungen für einen guten Anwalt ab. Auch Behörden oder Jugendämter üben sich in Zurückhaltung. "Das verzerrt sonst den Wettbewerb", erklärt Dr. Schneider, Richter am Amtsgericht. Wer Glück hat, bekommt zumindest eine Übersicht aller zugelassenen Anwälte. Der Versuch ist es wert.

Fachanwälte sind spezialisiert

Wichtigster Filter für die Anwaltssuche ist die Fachanwaltsbezeichnung: Nur wer als Anwalt mindestens drei Jahre zugelassen ist und über besondere theoretische und praktische Erfahrung in dem Rechtsgebiet verfügt, darf die Bezeichung Fachanwalt führen. Es ist sozusagen ein Qualitätssiegel.

Fachanwälte gibt es im Steuer-, Verwaltungs-, Insolvenz-, Arbeits- und Familienrecht. Auch im Sozial- und Strafrecht können Anwälte durch Prüfungen und umfangreiche Praxis den Titel erlangen.

"Für 2006 sind bereits sechs neue Sparten geplant, in denen die Bezeichnung Fachanwalt vergeben wird", sagt Robert Maiwald von der Kanzlei Winkelmeier in München, "etwa im Miet-und Eigentümerrecht."

Die Rechtsanwaltskammer überprüft die Vergabe der Titel. So kann der Mandant sicher sein, dass der Anwalt ein Spezialist ist. Listen der Rechts-und Fachanwälte finden sich ebenfalls dort - abrufbar im Internet oder bei telefonischer Nachfrage.

Schwerpunkt der Tätigkeit

"Die Bezeichnung Tätigkeitsschwerpunkt kann ebenfalls ein guter Hinweis sein", weiß Rechtsanwältin Nicole Gebhardt von Rembert-Rechtsanwälte in Hamburg, "der Rechtsanwalt signalisiert damit, dass er sich auf das Gebiet spezialisiert hat." Hilfreich ist dies etwa für Arzt-, Handels- oder Urheberrecht, aber auch exotische Gebiete wie Fischerei oder Weinrecht.

Erlaubt ist jetzt der Begriff "Spezialist in" - aber "nur, wenn es nicht den geschützten Bereich der Fachanwaltsbezeichnung tangiert", sagt Gebhardt, "sonst würde der Anwalt die Überprüfung der Kammer umgehen."

Unzuverlässiger Partner Internet

Auch das Internet quillt über an Links und Hinweisen. Eine wirklich objektive Empfehlung findet der User aber nicht. Viele gute Kanzleien haben noch nicht mal eine eigene Homepage und sind auch in den Suchmaschinen nicht enthalten. Seriöse und vollständige Listen sind selten.

Und was ist mit Beratungsstellen, kirchlichen Einrichtungen, Verbraucherschutzverbänden oder Mietervereinen? Manch einer kann da mit einem guten Tipp weiter helfen - schließlich kennen die Stellen viele Betroffene. Nachfragen lohnt sich also auch hier auf jeden Fall. Oftmals lernt der Hilfesuchende dort Anwälte persönlich kennen, die direkt mit den Stellen zusammenarbeiten.

Am Besten also - fragen, fragen, fragen: Freunde, Bekannte, Verwandte. Auch andere Anwälte haben manchmal einen Ratschlag. Die persönliche Empfehlung ist immer noch die sicherste.

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