Anleihemarkt:Preußische Papiere

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Alter Fritz, alte Papiere: 1769 legte Friedrich der Große die Grundlage für Pfandbriefe. Sie wurden weltweit ein Erfolgsschlager. (Foto: Scherl/SZ)

Der Pfandbrief wird 250 Jahre alt. Selbst Profianleger werden da ganz schön nostalgisch

Von Victor Gojdka, München

Wie er seine ersten 200 Mark angelegt hat, das weiß Jens Ehrhardt noch genau. Ehrhardt, 77, ist einer der renommiertesten Profi-Investoren des Landes und legt inzwischen Milliardensummen an. Aber seine ersten 200 Mark, Mitte der Sechzigerjahre, die trug er zur Sparkasse und schob sie in Pfandbriefe. Ehrhardt war mitten im Studium, fuhr für Dallmayr in München Delikatessen aus. Die Pfandbriefe sollten ihm ein kleines Zusatzeinkommen verschaffen. Ehrhardt hatte es genau kalkuliert: Fünf Pfennig Zinsen brachten ihm die Papiere, wohlgemerkt pro Tag.

So wie Ehrhardt verbinden viele Deutsche etwas mit den Finanzpapieren mit dem urdeutschen Namen. Vor 250 Jahren hat Friedrich der Große mit einer "Cabinets-Ordre" die Grundlage für die Papiere geschaffen. Nun feierte die Finanzindustrie in Berlin das Jubiläum der Pfandbriefe - und eine deutsche Erfolgsgeschichte.

Der Trick des Alten Fritz

Als der Preußenkönig 1769 die rechtliche Basis für Pfandbriefe schaffte, da wollte er vor allem die schlesischen Großgrundbesitzer wieder solvent machen. Viele standen vor der Pleite, waren vom Siebenjährigen Krieg gebeutelt und hatten ihre landwirtschaftliche Produktion heruntergefahren. Eine Bodenkreditanstalt, so erdachte es der Alte Fritz, sollte den Großagrariern mit Pfandbriefen aus der Klemme helfen.

Die Idee des Preußenkönigs ging so: Adlige sollten Pfandbriefe verkaufen und sich so das nötige Kapital verschaffen. Als Sicherheit brachten sie aber nicht nur ihren eigenen Grund und Boden ein, sondern hafteten als schlesische Großgrundbesitzer alle gemeinsam. Fünf Prozent Zinsen konnten die Anleger für den ersten Pfandbrief damals bekommen. "Die Form war höchst einfach, aber ganz genial erfunden", bilanzierte Ende des 19. Jahrhunderts das Staatsrechtliche Jahrbuch.

Manche sagen dem Pfandbrief ade

In der Folge überdauerten die Wertpapiere Revolutionen, Weltkriege und Währungsreformen, in Zeiten der Bonner Republik avancierten sie bei vielen Privatanlegern wegen des Zinses und hoher Sicherheit zum Verkaufsschlager. Doch inzwischen haben viele Investoren den Appetit auf die Papiere verloren, aufgrund der Niedrigzinsphase gibt es auch kaum noch etwas zu holen. Viele Privatanleger haben sich längst aus dem Markt verabschiedet. Seit dem vergangenen Jahr investiert auch die Versicherung Allianz Leben nicht mehr in Pfandbriefe, das Geschäft lohnte nicht mehr.

Vor allem Zentralbanken, Staatsfonds und Geschäftsbanken kaufen nun diese Papiere, die Finanzinstitute nutzen sie gewissermaßen als Parkplatz für ihr Geld. Sie sprechen im feinsten Finanz-Englisch dann von "Covered Bonds", also von besicherten Anleihen. Das macht klar: Mit der Fünf-Pfennig-Romantik von einst haben die Papiere heute nichts mehr zu tun.

© SZ vom 29.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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