Anerkennung von Bildungsabschlüssen:Als "bricklayer" in deutschen Diensten

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EU-Ausländer sollen unter der im Heimatland geltenden Berufsbezeichnung ihre Dienste bald europaweit anbieten dürfen. Britischer Maurer oder Friseure könnten dann in Deutschland arbeiten, allerdings als "bricklayer" und "hairdresser".

Von Alexander Hagelüken

In Europa wird heftig gestritten, ob die geplante Dienstleistungsrichtlinie in der ganzen Union Arbeitsplätze schafft oder in Hochlohnstaaten wie Deutschland eher vernichtet.

Britische Friseure könnten ihre Arbeit bald leichter in Deutschland anbieten - allerdings als "hairdresser". (Foto: Foto: dpa)

Unbemerkt von der Öffentlichkeit steht die Einigung auf ein EU-Gesetz bevor, das die Märkte für Dienstleistungen ebenfalls öffnen würde.

Diese Woche will sich die Luxemburger Ratspräsidentschaft mit dem Europaparlament auf die leichtere gegenseitige Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse einigen.

Damit könnten Arbeitnehmer und Selbstständige ihre Tätigkeit einfacher in einem anderen Mitgliedsstaat ausüben als bisher.

"Dschungel an Vorschriften gelichtet"

Die Möglichkeiten nationaler Behörden schrumpfen, Ausländer aus anderen EU-Staaten an der Arbeit zu hindern.

Die Richtlinie betrifft die meisten Dienstleistungsberufe, für die eine bestimmte Ausbildung vorgeschrieben ist: Etwa Elektriker, Ärzte, Ingenieure, Buchhalter, Friseure, Krankenschwestern oder Steuerberater.

Während die heiß umkämpfte Dienstleistungsrichtlinie regelt, welche Formalien ein ausländischer Anbieter erledigen muss und zu welchen Bedingungen er tätig werden kann, geht es hier um die notwendige Qualifikation.

Die fünfzehn bestehenden Richtlinien zum Thema werden zusammengefasst und "ein Dschungel an Vorschriften gelichtet", lobt der EU-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff (FDP).

"Die Freiheit der Arbeitnehmer in Europa nimmt zu", freut sich der EU-Abgeordnete Joachim Wuermeling (CSU). "Das bietet Chancen gerade für junge Leute".

Wachstumsimpulse

Wuermeling widerspricht dem Eindruck, es könnten massenweise weniger qualifizierte Ausländer Deutsche verdrängen: "Qualität wird sich durchsetzen".

Es gebe zahlreiche Länder, die für bestimmte Berufe höhere Qualifikationsanforderungen stellten als die Bundesrepublik. Lambsdorff erwartet ein besseres Funktionieren des Binnenmarkts, "und das führt immer zu Wachstumsimpulsen".

Wer nur wenige Wochen in einem anderen EU-Land arbeiten will, für den sind die Hürden nach dem sich abzeichnenden Kompromiss am geringsten. Er muss nur die Ausbildung nachweisen, die in der Heimat vorgeschrieben ist.

Besteht im Heimatland keine Ausbildungspflicht, kann er im Ausland arbeiten, falls er in der Heimat mindestens zwei Jahre in seinem Beruf tätig war. Das würde etwa britische Maurer betreffen, für die in der Heimat anders als für Deutsche in der Bundesrepublik keine Ausbildungspflicht besteht.

Eignungstests möglich

Nur bei zwingenden Gründen des Allgemeinwohls können nationale Behörden Ausländer wieder wegschicken. Laut Wuermeling eröffnet dies den Mitgliedsstaaten wenig Eingriffsmöglichkeiten.

Damit Kunden die womöglich unterschiedliche Qualifikation erkennen können, muss ein Ausländer aber die Berufsbezeichnung seiner Heimat führen. Ein britischer Maurer müsste auch in Deutschland seine Arbeit also als "bricklayer" anbieten.

Höher sind die Anforderungen an Ausländer, die sich - als Arbeitnehmer oder Selbstständige - dauerhaft in einem anderen EU-Land niederlassen wollen. Die nationalen Behörden können ihnen unter bestimmten Voraussetzungen eine Eignungsprüfung abverlangen oder sie auf Fortbildungslehrgänge schicken.

Prüfung im Einzelfall

Welches Niveau eines Berufes ein EU-Ausländer ausüben darf, richtet sich nach seiner Ausbildungsdauer. Dazu werden fünf Stufen unterschieden, vom Un- und Angelernten bis zum Hochschulabschluss.

Das Parlament hat Änderungen am ursprünglichen Vorschlag der Kommission durchgesetzt, um Arbeitnehmer und Kunden zu schützen. So soll jemand, der weniger als 16 Wochen im Ausland arbeitet, nicht automatisch als vorübergehender Dienstleister gelten und so in den Genuss der besonders niedrigen Anforderungen kommen.

Vielmehr sollen die Behörden im Einzelfall prüfen können, ob es sich um eine vorübergehende Dienstleistung oder eine dauerhafte Niederlassung handelt. So will das Parlament Missbrauch eindämmen, etwa durch Arbeitnehmer, die immer wieder für kurze Zeit einreisen oder sich durch Briefkastenfirmen die besonders günstigen Bedingungen sichern.

Mindeststandards für Ärzte

Besondere Regeln sollen außerdem für Berufe wie Ärzte, Zahnärzte, Krankenschwestern oder Architekten gelten, bei denen Pfusch den Kunden besonders gefährdet. Hier werden EU-weite Mindeststandards für die Qualifikation vorgeschrieben.

"Bei diesen Berufen ändert sich gegenüber dem heutigen Recht wenig", so der CSU-Politiker Wuermeling. Das Parlament will außerdem Notare ausnehmen.

© SZ vom 25.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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