Altbier-Träume:Vom Konzernchef zum Privatbrauer

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Der frühere Brau-und-Brunnen-Chef Michael Hollmann will die traditionelle Altbier-Sudstätte Bolten wieder flottmachen.

Von Stefan Weber

Zeit, ein Büro einzurichten, hat Michael Hollmann bisher nicht gehabt. So sitzt der 47-Jährige an diesem Morgen in einem mit allerlei Nippes voll gestopften Hinterzimmer an einem langen Esstisch. Vor ihm türmen sich mehrere Aktenordner.

Michael Hollmann ist nun Alleineigentümer der Bolten-Brauerei. (Foto: Foto: dpa)

Alle paar Minuten bimmelt das Handy. "Früher konnte ich vieles delegieren, jetzt muss ich das meiste selbst erledigen", sagt der Mann, der noch vor einem Jahr Chef der größten deutschen Getränkegruppe Brau und Brunnen (BuB) war. Seitdem ist viel passiert.

BuB hat mit der Oetker-Gruppe einen neuen Eigentümer bekommen. Kurz darauf quittierte Hollmann den Job, nachdem er sich mit Aufsichtsratschef Ulrich Kallmeyer überworfen hatte.

Drang zur Unabhängigkeit

Angebote, auch für Toppositionen, habe es in den folgenden Monaten mehrere gegeben, berichtet der gebürtige Wuppertaler. Er aber habe lieber sein eigener Herr sein wollen.

Dieser Wunsch ist vor wenigen Wochen in Erfüllung gegangen. Anfang Juni verständigte sich Hollmann mit Hans-Otto Bolten, dem geschäftsführenden Gesellschafter der letzten größeren Altbier-Brauerei in Deutschland, auf einen Verkauf.

Seitdem ist der Jurist, der schon als Student in Kiel eine Kneipe eröffnete, Alleineigentümer der ältesten Altbier-Brauerei der Welt. Gegründet 1266, war der Betrieb im niederrheinischen Korschenbroich seit 1753 Eigentum der Familie Bolten.

Brauerei mit Renovierungsbedarf

Beim Gang über das Gelände wird rasch klar, dass die Brauerei schon bessere Zeiten erlebt hat. An vielen Stellen wuchert Unkraut, von manchen Wänden bröckelt der Putz, und im viergeschossigen Turm der Brauerei, dessen Fassade unter Denkmalschutz steht, stapelt sich Unrat.

Hollmann spricht von einem "Investitionsstau": Vier bis fünf Millionen Euro seien nötig, um das Gelände wieder in Schuss zu bringen. Vor allem die Abfüllung müsse dringend auf den neusten Stand gebracht werden. Die Produktion sei in einem "vernünftigen Zustand" und die Marke Bolten habe noch einen guten Klang, meint der neue Eigentümer.

Dass Altbier seit Jahren Marktanteile verliert und die Kapazität von Bolten in Höhe von 120 000 Hektolitern derzeit nur zu 30 Prozent ausgelastet ist, schreckt ihn nicht. "Gut geführte Privatbrauereien haben in Deutschland immer noch eine gute Zukunft", sagt Hollmann.

Regionale Ausrichtung

Er will sich zunächst auf die Region vor der Haustür konzentrieren. Präsent sein bei der örtlichen Gastronomie, Flagge zeigen bei Heimatfesten und im Karneval - mit dieser Strategie will der neue Eigentümer wieder Marktanteile gewinnen.

Konzerne, so weiß Hollmann, können solche Basisarbeit meist nicht leisten. Der Vater von vier Kindern besitzt beste Kontakte im Altbier-Stammland Niederrhein. Schließlich war er vor BuB sieben Jahre lang Geschäftsführer der zur Carlsberg-Gruppe gehörenden Hannen-Brauerei in Mönchengladbach.

Bolten will den Umsatz von zuletzt nur noch 2,7 Millionen Euro künftig in jedem Jahr um mindestens 20 bis 30 Prozent steigern. Die Biere, zu denen auch eine Weizenmarke gehört, sollen vermehrt in Bügelflaschen angeboten werden. Wegen der hohen Investitionen wird die Brauerei zwar in die negativen Zahlen rutschen. Hollmann rechnet aber schon Ende 2006 wieder mit Gewinn.

Eigene Mineralwassermarke geplant

Ergänzen will er das Sortiment um eine Mineralwassermarke. Wie es in der Getränkebranche heißt, befindet sich Hollmann mit Oetker in aussichtsreichen Gesprächen über den Erwerb der Sinziger Mineralbrunnen.

Das Unternehmen aus der Eifel verfügt über eine Kapazität von 850 000 Hektolitern und hat mit gut 100 Mitarbeitern zuletzt etwa 20 Millionen Euro umgesetzt. Der Bolten-Chef verrät zum Stand der Verhandlungen nur eins: Noch sei nichts perfekt.

© SZ vom 21.7.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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