Der Dax hat einen beeindruckenden Aufstieg hinter sich. Binnen eines Jahres stieg er um mehr als 1300 Punkte und nähert sich in großen Schritten der Marke von 5000 Zählern. Und das, obwohl mit den Zinserhöhungen in den Vereinigten Staaten und dem Rekordpreis beim Öl Risiken im Raum stehen, die üblicherweise die Kursentwicklung auf Aktienmärkten belasten.
Aktienstrategen schätzen diese Gefahren allerdings als eher gering ein und sehen auch mittelfristig einen stabilen Aufwärtstrend.
Wie weit der Dax steigen kann, ist jedoch umstritten. Manche der Experten rechnen nur noch mit einem geringfügigen Anstieg von wenigen Punkten, andere können sich den Dax sogar bei 5500 bis 5700 Punkten vorstellen.
"Blase beginnt bei 6000 Punkten"
Ein solches Kursniveau wäre nach Ansicht des M.M.Warburg-Strategen Christian Jasperneite selbst bei einer zurückhaltenden Bewertung der Daten zu rechtfertigen. Eine Blase sieht er daher im Moment nicht. "Sie beginnt für mich bei 6000 Punkten, da sind wir noch weit davon entfernt."
Der Aufwärtstrend des Dax' werde auch von möglichen Kursrückgängen in den nächsten Wochen nicht abgebremst, meint Bernd Meyer von der Deutschen Bank. "Ob diese Konsolidierung überhaupt kommt, ist unklar." Viele Anleger hätten bisher den Einstieg verpasst und hielten Bargeld zurück. Sobald die Kurse etwas nachgeben, könnten sie das als Chance zum Einsteigen nutzen.
Pessimistischere Stimme
Günter Senftleben von der Bankgesellschaft Berlin rechnet mit einem deutlich langsameren Anstieg des Dax auf kaum mehr als 5000 Punkte bis Jahresende und ist damit pessimistischer als andere Aktienstrategen.
Das hat seiner Meinung nach vor allem mit steigenden Zinsen zu tun. An diesem Dienstag hatte die US-Notenbank den Leitzins auf 3,5 Prozent angehoben. Bis Ende des Jahres wird mit weiteren Zinserhöhungen auf bis zu 4,25 Prozent gerechnet. "Die goldene Phase für den Aktienmarkt läuft langsam aus." Zinsspekulationen könnten möglicherweise im Herbst auch in der Eurozone aufleben, so Senftleben. Höhere Zinsen belasten die Gewinne der Unternehmen und beeinflussen daher die Aktienkurse.
Bisher zeigten sich die Märkte unbeeindruckt von den Zinserhöhungen in den USA. "Die Konjunktur ist so stabil, dass sie höhere Zinsen verträgt", sagt M.M.Warburg-Stratege Jasperneite. 2003 hatte die Fed die Leitzinsen auf ein Prozent abgesenkt, um eine Rezession zu verhindern.
Zinsniveau
Weil sich die Konjunktur derzeit stabil entwickle, könne die Fed das Zinsniveau wieder normalisieren. Das bestätige die Einschätzung der Märkte, welche die Zinserhöhungen bereits eingepreist hätten. "Wenn sich die Fed auf dem Pfad der moderaten Erhöhungen weiterbewegt, sind für die Kurse keine Rückschläge zu erwarten."
Auch der Rekordstand beim Ölpreis belastet die Aktienmärkte weniger als dies in der Vergangenheit der Fall war. Dies habe mit veränderten Strukturen in der Wirtschaft zu tun, wo der Dienstleistungssektor, der kaum Öl verbraucht, einen größeren Anteil einnehme, sagt Jasperneite. Erst wenn der Ölpreis sprunghaft etwa auf 100 Dollar pro Barrel (159 Liter) steige, belaste das den Anstieg des Dax'. "Der hohe Ölpreis ist der größte Risikofaktor", betont auch Senftleben.
Ein weiteres Risiko stellen nach Einschätzung mancher Strategen die geplanten Neuwahlen des Bundestages im Herbst dar. Die gute Entwicklung an den deutschen Aktienmärkten hat vor allem mit der positiven Einschätzung der Wirtschaftslage nach einem Regierungswechsel durch Anleger aus dem Ausland zu tun. "Wir hängen am Tropf der ausländischen Investoren. Da ist der Wahlausgang entscheidend", sagt Deutsche-Bank-Mann Meyer.
"Höhenflug könnte schnell zu Ende sein"
Bei einem Wahlsieg der Union rechneten diese mit weiteren Reformschritten, das stütze die Kurse. Sollte die derzeitige Regierung wiedergewählt werden, könne dagegen der Höhenflug des Dax schnell zu Ende sein.