Aktie stark gefragt:Spekulationen um T-Online-Rückkauf

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Die vom Personalkarussell bei der Telekom ausgelösten Spekulationen über einen Rückkauf von 26 Prozent der nicht mehr im Konzernbesitz befindlichen T-Online-Aktien hat zu Wochenbeginn die Kursphantasien der Börsianer weiter beflügelt.

Von Gerhard Hennemann

Die Notierung der T-Online-Aktie stieg bis zum Abend um 4,61 Prozent auf 8,63 Euro an.

Die Aktien von Europas größtem Internetanbieter profitierten auch am Montag von der Erwartung, dass der Mutterkonzern Deutsche Telekom bereits in Kürze seine Tochtergesellschaft T-Online AG wieder von der Börse nehmen wird.

Die Spekulationen hatten sich insbesondere an der Tatsache entzündet, dass die T-Online AG nach dem Ausscheiden ihres bisherigen Chefs Thomas Holtrop nicht mehr mit ihrer künftigen Führungsspitze unter Rainer Beaujean im Konzernvorstand vertreten sein wird.

Nach Einschätzung von Analysten deutet diese Entwicklung ziemlich eindeutig darauf hin, dass die Telekom schon bald die Gunst des niedrigen T-Online-Kurses nutzen will, um die Internet-Tochter wieder hundertprozentig in den Konzern zu integrieren, wie es inzwischen auch verschiedene Wettbewerber, wie etwa die spanische Telefònica und France Telecom, mit ihren während des Internetbooms gegründeten Töchtern getan haben.

Börsianer hätten nur Dementi ernst genommen

Die Tatsache, dass die Bonner Konzernzentrale dazu am Montag jeglichen Kommentar ablehnte und von reinen Spekulationen sprach, beeindruckte die Börsianer nur wenig. Wenn die Telekom in dieser Situation einen massiven Kursanstieg vermeiden wolle, dann bleibe ihr gar nichts anderes übrig als zu dementieren, hieß es dazu an der Börse.

Für den baldigen Rückkauf des T-Online-Aktienpakets sprechen nach Einschätzung von Insidern derzeit sowohl finanzielle als auch strategische Aspekte. So könnten die Papiere, die die Telekom im Frühjahr 2000 noch für 27 Euro platzieren konnte, nach derzeitigem Börsenwert für etwa ein Drittel zurückgekauft werden.

Da die T-Online noch etwa vier Milliarden Euro aus dem Börsengang in ihrer Kasse hat, wäre die Finanzierung von gut 2,5 Milliarden Euro überhaupt kein Thema. Zu bedenken wäre allenfalls der damit verbundene Verwässerungseffekt für den Konzerngewinn.

Letztlich entscheidend für die Frage, ob die Selbstständigkeit der T-Online AG wieder aufgegeben werden soll, dürften jedoch strategische Gesichtspunkte sein. So werten Insider den Weggang von Thomas Holtrop nur als letzten Beweis dafür, dass die Telekom inzwischen ihre hochfliegenden Pläne von einem eigenständigen Internet-Medienhaus begraben hat und sich in Zukunft zunächst mit aller Kraft auf die Vermarktung von T-Online-Zugängen mit DSL-Breitbandtechnik konzentrieren will.

Eine "Wiedervereinigung" der T-Online mit dem Mutterkonzern wäre nach den Erfahrungen aus der jüngsten Vergangenheit vermutlich dazu geeignet, Synergien zu heben und vor allem im Breitbandgeschäft die kontraproduktiven Aktivitäten von T-Com und T-Online zu beenden.

Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke hat dafür jetzt mit der Zusammenlegung der Zuständigkeiten für das breitbandige Festnetz und das Online-Geschäft in der Hand des neuen T-Com-Chefs Walter Raizner die personellen Voraussetzungen geschaffen.

Eindeutige Interimslösung

Hätte sich Ricke auf Dauer für eine selbstständige T-Online AG entschieden, so würde er vermutlich einem externen Bewerber für die Nachfolge von Thomas Holtrop den Vorzug gegeben haben, vermuten Kenner der Szene, denn der erst 35jährige Rainer Beaujean gilt in ihren Augen eher als Verlegenheitskandidat und als eindeutige Interimslösung .

Was für die T-Com gilt, gilt ähnlich auch für die T-Mobile, die die Aktivitäten der T-Online schon seit geraumer Zeit skeptisch beobachtet, weil sie von dort nur wenig Impulse für ihr zäh anlaufendes UMTS-Geschäft bekommt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, hat es T-Online bis heute nicht geschafft, ein attraktives Inhaltepaket auch für die künftigen mobilen Internetnutzer zu schnüren.

Sollte die T-Online AG aber tatsächlich bald vom Kurszettel verschwinden, so sehen Börsenfachleute für die weitere Zukunft des TecDax schwarz, in dem die T-Online-Notierung derzeit mit rund zehn Prozent gewichtet wird. Sie befürchten, dass sich nach der SAP-Tochter SI ein weiteres Schwergewicht aus dem deutschen Technologiebarometer verabschiedet, was den Index weiter entwerten würde.

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