Airbus-Krise:Häme in den USA

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Die Lieferprobleme bei Airbus werden in den USA hämisch kommentiert. Denn noch immer sitzt der Stachel tief, dass Boeing mit Airbus ein ernst zu nehmender Konkurrent erwachsen ist.

Andreas Oldag

Schneller Sinkflug" - mit dieser Überschrift reagierte das konservative Wirtschaftsblatt Wall Street Journal auf die Krise beim europäischen Flugzeugbauer Airbus.

Im Airbus-Werk Hamburg. (Foto: Foto: Reuters)

In den amerikanischen Medien werden die Produktionsverzögerungen beim neuen Großraumflugzeug A380 aufmerksam verfolgt. Das jetzt bekannt gewordene Ausmaß und die Versäumnisse des Airbus-Managements stoßen durchaus auf hämische Reaktionen.

Denn für viele Amerikaner scheint es unvorstellbar, dass das eigene Symbol der nationalen Flugzeugindustrie, der Boeing-Konzern, dauerhaft vom alten Europa überrundet werden könnte.

Interview mit Boeing-Chef

So ist es vielleicht kein Zufall, dass das Wall Street Journal als Kontrast zu seiner Airbus-Krisenstory vor einigen Tagen ein Interview mit dem Chef des amerikanischen Flugzeugherstellers, Jim McNerney, veröffentlichte. "Wir haben ein sehr gutes Gefühl darüber, was unsere Kunden über uns denken", konstatierte der Top-Manager.

Es sei deshalb Zeit, herauszugehen. Boeing sei mit den richtigen Produkten am Markt, weil sich der Konzern mehr denn je um die Bedürfnisse seiner Kunden, den Fluggesellschaften, gekümmert habe.

Verkalkuliert

Dass dies nicht immer unter McNerneys Vorgängern so war, ist allerdings auch den Amerikanern bewusst. So hatte sich der Konzern mit seinen Plänen über die Entwicklung eines fast schallschnellen Sonic Cruiser verkalkuliert.

Der Superjet musste fallen gelassen werden, weil den Fluggesellschaften angesichts der drastischen Ölpreiserhöhungen die Betriebskosten zu hoch erschienen. Diese Erfahrung brachte Boeing dann zur Entwicklung des kerosinsparenden, zweistrahligen Langstreckenjets 787 Dreamliner.

Mit dem neuen Modell hat sich Boeing nach den Worten McNerneys im Wettbewerb mit Airbus einen fundamentalen Vorteil verschafft. Die Nachfrage nach dem neuen Modell, das von 2008 an die Kunden ausgeliefert werden soll, sei so groß wie bei keinem anderen Boeing-Modell zuvor.

400 Bestellungen

Für das Flugzeug mit je nach Variante 210 bis 330 Sitzplätzen lagen bis Mitte Mai Bestellungen und Kaufabsichten für etwa 400 Maschinen vor.

Doch im knallharten Flugzeuggeschäft ist auch Boeing vor Rückschlägen nicht gefeit. Das Wirtschaftsmagazin Business Week veröffentlichte in der vergangenen Woche einen Artikel, in dem von erheblichen Schwierigkeiten bei der Entwicklung die Rede war, so dass ähnlich wie beim Airbus A380 die pünktliche Auslieferung an die Kunden verzögert werden könnte.

So sollen im Boeing-Werk im amerikanischen Seattle bei der Herstellung des Rumpfsegments, das vorwiegend aus Kunststoff-Verbundwerkstoffen hergestellt wird, Blasen aufgetreten sein. Die Folge: Boeing müsste mehr Test-Rümpfe herstellen als geplant.

Technische Unwägbarkeiten

Zwar versicherte der Vizepräsident von Boeing, Michael Bair, laut Business Week, dass der Terminplan in jedem Fall eingehalten werde. Doch unter Experten gibt es keinen Zweifel daran, dass die Entwicklung komplett neuer Flugzeuge mit technischen Unwägbarkeiten verbunden ist.

Die derzeitige Häme über Probleme bei Airbus könnte deshalb schon bald wieder umschlagen.

© SZ vom 17.06.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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