Agentur für Arbeit schwimmt im Geld:Müntefering gegen starke Beitragssenkung

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Angesichts unerwarteter Milliardenüberschüsse findet inzwischen sogar die Agentur für Arbeit, dass die Arbeitslosenversicherung zu teuer ist. Doch Arbeitsminister Müntefering will mit den Beiträgen nicht tiefer gehen als schon versprochen.

Die anziehende Konjunktur beschert der Bundesagentur für Arbeit dieses Jahr voraussichtlich einen Rekordüberschuss in Milliardenhöhe. Die Nürnberger Behörde rechnet nun mit 8,8 Milliarden bis 9,6 Milliarden Euro, wie Finanzvorstand Raimund Becker am Donnerstag mitteilte.

Die Agentur für Arbeit freut sich über einen unerwarteten Geldsegen. (Foto: Foto: AP)

Bislang war offiziell ein Überschuss von 4,5 Milliarden Euro prognostiziert worden. Inoffiziell lag die Erwartung für den Überschuss bei sechs Milliarden Euro. Angesichts der nun erwarteten Summe wurden erneut Forderungen nach einer weitergehenden Beitragssenkung in der Arbeitslosenversicherung laut.

Bislang ist geplant, den Beitrag der Arbeitslosenversicherung mit Beginn des neuen Jahres von 6,5 auf 4,5 Prozent zu senken.

"Weiterer Spielraum für Senkung"

Selbst Becker hielt eine weitere Senkung für nicht völlig absurd: Das Geld schaffe weiteren Gestaltungsspielraum zur Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, sagte er. "Wie dieser Spielraum genutzt wird, ist eine Entscheidung der Interessenvertreter der Beitragszahler und des Gesetzgebers."

Zuletzt hatte die Bundesagentur 1985 einen Überschuss erwirtschaftet, der sich auf 1,2 Milliarden Euro belief. Grund für den nun erwarteten Überschuss seien die konjunkturelle Erholung, die Reformbemühungen der Bundesagentur und die Einmalzahlung eines 13. Arbeitgeberbeitrags, berichtete die Behörde.

Insgesamt dürften nach Berechnungen der Bundesagentur die Einnahmen in diesem Jahr mit 54,7 Milliarden Euro um 2,6 Milliarden Euro höher als erwartet ausfallen, während die Ausgaben um etwa fünf Milliarden Euro geringer sein sollten.

"Konjunkturelle Effekte"

Allein bei den Ausgaben für das Arbeitslosengeld I rechnet die Bundesagentur mit Einsparungen zwischen 3,2 bis 3,5 Milliarden Euro. "Hier spiegelt sich ganz klar der konjunkturelle Effekt wider, weil weniger Menschen arbeitslos geworden sind oder schneller aus der Arbeitslosigkeit wieder eine Beschäftigung aufgenommen haben", erklärte Becker.

Auch der so genannte Aussteuerungsbetrag, den die Bundesagentur für jeden Übertritt vom Arbeitslosengeld I in das steuerfinanzierte Arbeitslosengeld II an den Bund entrichten muss, dürfte um etwa 1,7 Milliarden Euro geringer ausfallen.

Hinzu kämen höhere Beitragseinnahmen, weil mehr Menschen als erwartet in sozialversicherungspflichtigen Jobs beschäftigt und auch höhere Tarifverträge abgeschlossen worden seien. Allein dieser Posten schlage mit zusätzlich einer Milliarde Euro zu Buche.

Die Einnahmen durch die zweimalige Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen der Arbeitgeber, die im Januar 2006 auf Grund einer Gesetzesänderung einmalig anfiel, bezifferte Becker auf etwa 3,2 Milliarden Euro.

Sondereffekt

Angesichts dieses Sondereffekts warnte Becker davor, auch im kommenden Jahr einen so hohen Haushaltsüberschuss zu erwarten.

Trotz des zu erwartenden Überschusses sprach sich Arbeitsminister Franz Müntefering gegen eine weitergehende Beitragssenkung in der Arbeitslosenversicherung aus. Konsolidierung und Solidität müssten Priorität haben, sagte der SPD-Politiker der Frankfurter Rundschau.

Der Bundesarbeitsminister wies darauf hin, dass die Behörde in diesem Jahr wie alle Sozialversicherungen von der Umstellung auf die frühere Beitragszahlung profitiert, die es nächstes Jahr nicht wieder geben werde.

"Geld zurückgeben"

Der CSU-Arbeitsmarktexperte Stefan Müller und Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt forderten dagegen, das Geld müsse den Beitragszahlern zurückgegeben werden, indem der Beitragssatz auf 4,0 Prozent gesenkt werde, 0,5 Punkte mehr als bislang geplant.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnte dies ab und verlangte, das Geld müsse stattdessen für ein Ausbildungsprogramm für Jugendliche genutzt werden.

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