Aero-Lloyd-Pleite:Wir müssen am Boden bleiben

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Die überraschende Insolvenz des Ferienfliegers Aero Lloyd hat Tausende von Fluggästen in Mitleidenschaft gezogen. Sie sitzen auf deutschen und ausländischen Flughäfen fest und warten auf die angekündigten Ersatzflüge.

Die schlechte Nachricht vom vorläufigen Aus der Ferienfluggesellschaft Aero Lloyd traf die Mitarbeiter auf dem Weg zur Arbeit und überraschte viele Touristen am Flugschalter.

Es kann losgehen, doch der Aero-Lloyd-Flieger wird wohl nicht mehr abheben. (Foto: Foto: dpa)

"Hätten die nicht einen Tag später Pleite machen können", fragt entnervt ein junges Paar auf dem Hamburger Flughafen.

Die beiden sitzen mit etwa 80 weiteren Reisenden müde auf ihren Koffern und Taschen. Alle haben ein Ticket für den Aero-Lloyd-Flug 4258 nach Hurghada in Ägypten in der Tasche. Doch nach der Insolvenz hat die Chartergesellschaft ihren Flugbetrieb am Morgen eingestellt.

Uwe Jähnel ist sichtlich verärgert. Er steht vor dem verlassenen Aero Lloyd-Schalter am Düsseldorfer Flughafen. "Ich weiß überhaupt nicht, wie es weiter geht", sagt der 41-Jährige. Aus Koblenz ist er in aller Frühe angereist und hat erst am Flughafen erfahren, dass die Fluggesellschaft pleite ist und sein Flieger nicht startet. Heute nicht, morgen nicht, gar nicht mehr.

So wie Jähnel ergeht es rund 700 Touristen am Donnerstag in Düsseldorf, die mit Aero Lloyd nach Ägypten, Korsika oder in die Türkei fliegen wollten.

Auf dem Weg zum Flughafen

Viele haben auf dem Weg zum Flughafen aus dem Radio erfahren, dass ihre Flüge gestrichen sind. "Ich war erstmal total geschockt", sagt Claudia Kowallik aus Bottrop, die mit ihrem Gatten und den zwei Kindern einen Flug nach Ägypten gebucht hat. Ihr Mann gibt sich gelassen. "Es kann jeden mal treffen", sagt er, "außerdem habe ich ja Urlaub."

Die Kowalliks haben Glück im Unglück. Touristen, die wie sie ihren Urlaub bei großen Reiseveranstaltern wie TUI, Neckermann und Tjaereborg gebucht haben, werden mit LTU-Fliegern zu ihrem Urlaubsort gebracht.

"Es nervt nur ein wenig, dass wir jetzt so lange warten müssen", sagt Jürgen Kamps aus Rhede, der auch mit Familie unterwegs ist. "Aber besser warten als gar nicht fliegen." Sein Ersatzflieger hebt allerdings in Dortmund ab. "Zum Glück haben wir Essensgutscheine bekommen."

Endlich in Urlaub

Andere Passagiere müssen einen Umweg bis Brüssel in Kauf nehmen, um endlich in Urlaub starten zu können.

Vollkommen entnervt ist eine Reisegruppe aus Wermelskirchen. "Ich möchte denen am liebsten an den Hals gehen", ruft eine Frau, die bei einem kleinen Reiseveranstalter gebucht hat. Die Reisenden der großen Veranstalter würden bei der Verteilung auf andere Flugzeuge bevorzugt. "Wenn dann noch Platz ist, kommen wir dran. Man hat uns schon gesagt, wir sollten lieber wieder nach Hause fahren.""

Bei Andrea Pieper aus Unna hat es geklappt. Sie fliegt nun mit Air Berlin nach Ägypten. Allerdings muss die 39-Jährige 560 Euro für den neuen Flug berappen. Am Morgen habe es aber noch schlechter ausgesehen, sie sei "stinksauer" gewesen: "An der Hotline haben die mir nur gesagt, wir können nichts tun."

Aero Lloyd sei ja wohl nicht erst seit gestern in Schwierigkeiten, argwöhnt sie: "Das hätte man doch vielleicht eher absehen können, als heute früh um Sechs."

"Mächtig sauer"

Zwei Stunden später wartet Uwe Jähnel immer noch vor dem verlassenen Schalter von Aero Lloyd. "Mein Reisebüro versucht jetzt, den Flug für mich zu regeln", sagt er. "Wenn nicht, werde ich mächtig sauer."

Eine Personalvertreterin der Aero Lloyd wurde mitten in der Nacht von aufgeregten Besatzungsmitgliedern angerufen. "Die waren auf dem Weg zum Flughafen, als sie von der Crew-Einsatzplanung zurückgepfiffen wurden", erzählt sie zwischen zwei Telefonaten in ihrem Oberurseler Büro in der Nähe von Frankfurt. Im Minutentakt rufen bei ihr Mitarbeiter an und wollen wissen, was denn nun los sei.

Weit entfernt vom Alltagsjob

Die Antwort ist immer die gleiche: "Wir wissen noch gar nichts." Die erste Anweisung der Geschäftsleitung ist: Die Beschäftigten von Kabine und Cockpit sollten zu Hause bleiben und das Bodenpersonal "ganz normal" weiterarbeiten. Vom Alltagsjob sind die insgesamt 1400 Beschäftigten von Aero Lloyd allerdings weit entfernt.

In kleinen Gruppen sitzen sie in ihren Büros und reden über die Zukunft ihres Arbeitgebers. "Na, das haben unsere oberen Herren ja super gemacht", sagt ein Mann. Ein Kollege meint: "Ich arbeite seit 15 Jahren bei Aero Lloyd. Mit so etwas hätte ich nie gerechnet."

Ein junger Urlauber aus Bielefeld erfuhr die schlechte Nachricht hingegen beim Bustransfer zum Hamburger Flughafen. "Ich zeigte dem Busfahrer mein Flugticket und er sagte, Aero Lloyd sei seit zwei Stunden pleite." Seit 30 Stunden auf den Beinen und noch eine Erkältung in den Knochen, hatte er sich auf den zweiwöchigen Urlaub in Ägypten gefreut. Er wollte zum Tauchen ans Rote Meer - doch daraus wird vorerst nichts. "Uns wurde gesagt, dass wir einfach warten sollen.

Extra-Urlaubstag

Angeblich sollen wir mit einer anderen Gesellschaft fliegen können." Nicht die Fluggesellschaft, sondern die Reiseveranstalter müssen für Ersatz sorgen. In den meisten Fällen geht dies gut, jedoch müssen 250 Ägypten-Touristen einen Extra-Urlaubstag nehmen. Sie saßen in Luxor am Flughafen fest und wurden mit Bussen in Hotels gebracht. In der Nacht soll eine Sondermaschine sie nach Deutschland bringen.

Ein Seniorenpaar aus Hamburg bleibt gelassen: "Wir müssen nicht mehr arbeiten, uns geht hier kein Urlaubstag verloren." Auch das Pärchen aus Schleswig-Holstein zeigt noch keinen Frust, trotz Zeitdrucks. Sie haben eine Kreuzfahrt auf dem Nil gebucht. "Morgen soll es losgehen. Ich bin sicher, dass wir das noch schaffen." Draußen auf dem Hamburger Flugfeld herrscht derweil reger Betrieb.

Im Minutentakt starten und landen die Linien- und Ferienflieger, rollen Kofferwagen und Tankfahrzeuge zu den Maschinen. Nur einen Airbus, abgestellt am Rande des Flugfeldes, lässt das Bodenpersonal links liegen: Aero-Lloyd-Flug 4258 nach Hurghada bleibt am Boden.

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