Nach monatelangen Verhandlungen hat der ADAC sich bei der Suche nach einem Finanzpartner für den Volkswagen-Konzern entschieden. Bereits im März startet die Kooperation zwischen dem Autoclub und der VW-Tochter Volkswagen Financial Services, bestätigte eine VW-Sprecherin.
Details wollen die künftigen Partner erst in der kommenden Woche veröffentlichen. Fest steht aber, dass es um die Finanzierung von Neu- und Gebrauchtwagen geht.
Umsatzrenditen von 19 Prozent
Nach Einschätzung von Branchenbeobachtern könnte die Partnerschaft dem VW-Konzern einen enormen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Der ADAC hat fast 15 Millionen Mitglieder und verlegt mit der ADAC-Motorwelt die auflagenstärkste Autozeitschrift Deutschlands. Durch die Kooperation erhält VW auf einen Schlag Zugang zu diesen Lesern.
Autofinanzierung ist ein lukratives Geschäft. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Mummert + Partner liegt die Umsatzrendite zum Teil bei 19 Prozent und damit weit über der derzeit im Fahrzeugverkauf erzielbaren Rendite.
Mehr als 70 Prozent aller Neufahrzeuge werden in Deutschland mit einem Kredit- oder Leasingvertrag finanziert. Auch immer mehr Privatleute lassen ihr Fahrzeug finanzieren beziehungsweise leasen es. Dies gilt umso mehr in wirtschaftlich schlechten Zeiten. Die Autokonzerne führen ihre Finanzdienstleistungs-Töchter inzwischen häufig als vollwertige Banken.
Ursprüngliches Ziel der Autobanken war es, neue Kunden zu gewinnen und Markentreue zu erzeugen; die Banken waren in erster Linie Absatzförderungsinstrumente. Deshalb interessieren sich die herstellerabhängigen Autobanken auch schon längst für die Finanzierung von Gebrauchtwagen - ohne Blick auf die Marke. Denn über die Differenzierung von Konditionen können einmal gewonnene Kunden leicht auf die eigene Fahrzeugmarke gezogen werden.
Zur rechten Zeit
Vor allem die Sparkassen sowie die Volks- und Raiffeisenbanken spüren zunehmenden Druck vom Wettbewerb der Autobanken. Autokauf ist nach dem Hausbau der zweite Grund für Verbraucherkredite. Die Autobanken haben mittlerweile einen Anteil von zwei Dritteln an den gesamten Autokrediten. Deshalb wird die Kombination ADAC-VW mit Sorge gesehen. "Wir müssen sehen, wie wir darauf antworten", heißt es im Sparkassenlager.
Es sei für die etablierten Banken schwer, den Preiswettbewerb gegen die Autobanken zu gewinnen. Beim Neuwagenkauf haben die Autobanken nach Meinung eines Branchenkenners ohnehin die besseren Chancen, da der Kunde bereits beim Händler "abgegriffen" werde.
Wenn VW nun aber auch die Gebrauchtwagenfinanzierung forciere, könne das ernsthafte Konsequenzen haben.
Für Volkswagen kommt die Kooperation mit dem ADAC gerade zur rechten Zeit. Der Konzern leidet vor allem im Inland an einer erheblichen Absatzschwäche. So sind im Januar die Verkäufe auf dem deutschen Markt um mehr als zehn Prozent eingebrochen. Der neue Golf - Hoffnungsträger für einen besseren Absatz in diesem Jahr - verkauft sich nur schleppend.
Am Autobau verdient VW ohnehin kaum noch Geld; die Tendenz verstärkt sich eher noch, seit sich der Marktführer nun auch an den Rabattschlachten der Wettbewerber beteiligt. So hat der VW-Automobilbereich im dritten Quartal 2003 eine operative Umsatzrendite von nur noch 1,1 Prozent erwirtschaftet, während die Finanzdienstleistungen auf 11, 2 Prozent kamen.
Nach Angaben einer VW-Sprecherin wird mittlerweile jedes zweite verkaufte Konzernfahrzeug von einem Finanzierungs- oder Leasingvertrag flankiert. Die günstigsten Angebote der VW-Bank liegen bei 0,9 Prozent effektivem Jahreszins (Sharan sowie Seat- und Skoda-Modelle).
Am Mittwoch wird der VW-Konzern das vorläufige Jahresergebnis und den Dividendenvorschlag veröffentlichen. Bekannt ist bereits, dass der Gewinn 2003 um mehr als die Hälfte eingebrochen ist.