Abstimmung im Bundesrat:Amnestiegesetz auf der Kippe

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Finanzminister Hans Eichel (SPD) kann einem leid tun. Die Schulden steigen, die Steuerquellen sprudeln spärlicher - und nun droht auch noch einem seiner Prestigeprojekte das Aus: dem geplanten Amnestiegesetz für Steuersünder.

Von Andreas Hoffmann

(SZ vom 26.09.2003) - Im nächsten Jahr will Rot-Grün eine "Brücke zur Steuerehrlichkeit" errichten. Über die sollen reuige Sünder das Schwarzgeld heimholen, das sie im Ausland geparkt haben. Aber bislang ist noch offen, ob die ersten Brückenpfeiler aufgestellt werden.

Am heutigen Freitag beschäftigt sich der unionsdominierte Bundesrat mit dem Vorhaben, und es sieht so aus, als würde es dort scheitern. Der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) geht "fest davon aus", dass man den Gesetzentwurf "kippen wird".

Tatsächlich empfehlen der Finanzausschuss und der Ausschuss für innere Angelegenheiten dem Bundesrat, das Vorhaben abzulehnen. Bei einer Probeabstimmung hatten die Mitglieder des Finanzausschusses mit neun Stimmen bei drei Ja-Stimmen gegen den Entwurf votiert, vier SPD-Länder hatten sich enthalten. Der Finanzexperte der Union, Friedrich Merz, begrüßte die Absage.

Tatsächlich hatte Rot-Grün mit dem Vorhaben die Behebung einer Reihe von Problemen im Visier, wobei für den Kanzler taktische Überlegungen überwogen. Nach der Bundestagswahl im vergangenen Herbst verstrickte sich die Regierung in eine Debatte um höhere Abgaben und Steuern.

Der Kritiker-Chor wurde lauter, also startete Schröder einen seiner "Befreiungsschläge" und kündigte an, eine Zinsabgeltungssteuer von 25 Prozent und eine Steueramnestie für Schwarzgeldsünder einzuführen. Wieder waren alle überrascht: die Genossen, die Union, die früher Ähnliches wollte - und die Wirtschaft, welche die zerzausten Rot-Grünen nun lobte.

Hoffnung für den Haushalt

Daneben erhoffte sich die Koalition von dem zurückfließenden Schwarzgeld mehr Mittel für den Haushalt. Anfangs sah Schröder für 2004 bereits zusätzlich 25 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen strömen, später sanken die Schätzungen auf fünf Milliarden. Experten zweifeln selbst diese Summe an.

Hans Eichel machte sich ans Werk und setzte den Plan des Kanzlers in Paragraphen um. Die Schwierigkeiten begannen. Ortwin Runde, der ehemalige Hamburger Erste Bürgermeister, beklagte eine soziale Schieflage. Die geplante Zinsabgeltungssteuer begünstige Besserverdiener, weil sie für ihre Zinsgewinne weniger Geld beim Fiskus abliefern müssten. Bund, Ländern und Gemeinden würden so drei Milliarden Euro fehlen.

Man könne aber nicht bei sozial Schwachen sparen und den Reichen ein Geschenk machen, hieß es bei den Kritikern, also gab es einen Kompromiss: Eichel verschob die Zinsabgeltungsteuer um ein Jahr. Nun will er 2004 nur die Steueramnestie einführen. Danach bleibt ein Steuersünder straffrei, wenn er unversteuerte Einkünfte aus der Zeit von 1993 bis 2001 dem Finanzamt meldet. Erklärt er sich bis Ende 2004, muss er die Einnahmen pauschal mit 25 Prozent versteuern.

Union: Regelung ist zu kompliziert

Wer bis Ende März 2005 wartet, zahlt 35 Prozent. Eichel kam den Steuersündern noch etwas entgegen: Die Strafsteuer fällt nicht pauschal für den Gesamtbetrag an, sondern sie hängt von den hinterzogenen Steuerarten ab. Wer Einkommensteuer hinterzogen hat, muss mehr abliefern als ein Umsatzsteuerbetrüger.

Bei Unionsländern und Experten finden Eichels Pläne keine Gnade. Sie kritisieren die komplizierten Details, den Aufschub der geplanten Zinsabgeltungssteuer und eine "großzügige Amnestie-Regelung", die das "Rechtsbewusstsein verletzen" würde, heißt es in einer Bundesrats-Stellungnahme. Der niedersächsische Finanzminister Möllring sieht sogar eine "Verhöhnung des ehrlichen Steuerzahlers". Schwarze Finanzminister klingen zuweilen wie linke Genossen.

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