ABC der Finanzen:Viele Deutsche sind falsch versichert

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Durchschnittlich zahlt jeder 3000 Euro pro Jahr für seine Policen - nur sind es oft die falschen.

Simone Gröneweg

Im Schnitt hat jeder Deutsche sechs Versicherungen, haben Statistiker errechnet. Pro Jahr gibt ein Durchschnittshaushalt 3000 Euro dafür aus, pro Einwohner sind es 1400 Euro. Trotzdem reicht der Schutz oft nicht. "Viele schließen Policen ab, die sie nicht unbedingt benötigen und ignorieren Versicherungen, die eigentlich jeder haben sollte", sagt Karl Eberhardt, Vorstand des Bundesverbandes der Versicherungsberater.

Erstaunlich viele Deutsche haben keine Krankenversicherung - ein unkalkulierbares Risiko. (Foto: Foto: ddp)

Zu den Policen, auf die erstaunlich viele Menschen verzichten, gehört etwa die private Haftpflichtversicherung, die für Schäden haftet, die der Versicherte anderen zufügt. "Das ist die wichtigste Versicherung überhaupt", sagt Eberhardt. Erstaunlicherweise habe aber ein Drittel der deutschen Haushalte keine solche Police und hafte damit unter Umständen mit dem gesamten Vermögen - wenn Menschen zu Schaden kommen, können das Millionen sein. "Wichtig ist darum eine ausreichend hohe Deckungssumme", sagt Eberhardt.

Haftpflicht auch für Nachwuchs

Die Haftpflicht deckt auch Schäden, die Kinder oder Jugendliche bis 25 in Ausbildung versehentlich anrichten. Wirft der Nachwuchs beim Nachbarn eine teure Vase um, wäre das also ein klassischer Fall für die private Haftpflicht. Geht die Vase allerdings zu Hause zu Bruch, zahlt der Versicherer nicht: Ansprüche von Angehörigen, die im selben Haushalt wohnen und im selben Vertrag versichert sind, zahlt die Privathaftpflicht nicht. Auch Schäden die Hund oder Pferd anrichten erfordern eine eigene Tierhalter-Haftpflicht.

Unerlässlich sind auch eine Auto-Haftpflichtversicherung und eine Krankenversicherung. "Wobei es mittlerweile erstaunlich viele Menschen gibt, die keine Krankenversicherung haben", sagt Versicherungsberater Eberhardt. Ein unkalkulierbares Risiko: "Eine Operation und ein Krankenhausaufenthalt können viel Geld kosten."

Berufsunfähigkeitsversicherung

Große Bedeutung hat auch die Berufsunfähigkeitsversicherung, auch wenn nur 23 Prozent der Deutschen sie haben (Graphik). Jeder fünfte Beschäftigte scheidet wegen Krankheit oder Unfall vorzeitig aus seinem Job aus. Zwar gibt es eine staatliche Erwerbsminderungsrente; doch die beträgt unter Umständen nur ein Drittel des letzten Bruttogehalts und wird nur voll ausgezahlt, wenn nicht mehr als drei Stunden Arbeit am Tag möglich sind. Freiberufler und Selbstständige erhalten sie gar nicht. Gerade für junge Menschen ist die Berufsunfähigkeitsrente deshalb wichtig. Auch Lehrlinge und Studenten sollten damit vorsorgen, rät Heidemarie Orlob, Leiterin des Informationszentrums beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GdV).

Für Kinder ist eine private Unfallversicherung sinnvoll. "Zwar gibt es auch eine gesetzliche Unfallversicherung, falls etwas in Kindergarten oder Schule passiert, aber die bietet nur eine geringe Absicherung", warnt Eberhardt.

(Foto: SZ-Grafik: Versicherungsschutz der Haushalte in Deutschland 2004/2005)

Welche Versicherungen noch sinnvoll sind, hängt von der Lebenssituation ab. Wer Hauptverdiener ist und ein Haus gekauft hat, braucht eine Risikolebensversicherung zur Absicherung der Familie im Todesfall. "Eine private Unfallversicherung für Erwachsene eignet sich dagegen für Menschen, die sehr, sehr sportlich sind und Angst haben, nach einem Sportunfall nicht mehr arbeiten zu können", sagt Orlob.

Versicherungsbedarf ändert sich

Ändert sich die Lebenssituation, ändert sich oftmals auch der Versicherungsbedarf. "Rentner brauchen keine Berufsunfähigkeitsversicherung", sagt Orlob: Sie müssen auch selten Hinterbliebene absichern und brauchen damit meist keine Risikolebensversicherung mehr.

Versicherte sollten ihre Policen regelmäßig prüfen. Selbst der Blick in die Hausratversicherung lohnt: Verkleinert sich der Hausstand, kann der Schutz reduziert werden. "Als Vermieter sollte man neben der Gebäudeversicherung eine Haus- und Grundbesitz-Haftpflichtversicherung haben", rät Eberhardt, falls zum Beispiel jemand von herabfallenden Ziegeln verletzt würde. Beim selbst genutzten Eigenheim deckt die Privathaftpflicht das Risiko.

Manche Versicherungen kann man sich sparen

Unterschiedlich stufen Experten die Bedeutung der Rechtschutz-Versicherung ein. Das Problem: Viele Lebensbereiche wie Bauvorhaben, Scheidung und Erbstreit sind ausgeklammert. "Wird ein Vertrag überdurchschnittlich oft in Anspruch genommen, vereinbart der Versicherer mitunter eine Selbstbeteiligung mit dem Kunden", sagt Orlob.

Manche Versicherungen kann man sich zudem sparen. So bieten einige Unternehmen Scheidungspolicen für Ehepaare an. Selbst Orlob vom GdV urteilt: "Das gehört nun wirklich nicht zur Grundabsichererung."

© SZ vom 17.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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