60-Dollar-Marke:Öl-Rekordjagd erhöht Konjunkturrisiken

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Nachdem der Ölpreis am Freitag erneut über die 60-Dollar-Marke gestiegen ist, haben nach Einschätzung der Deutschen Bank die Konjunkturrisiken in der westlichen Welt weiter zugenommen.

Der Anstieg beim ZEW-Index und dem belgischen Frühindikator im Juni könnte sich als Fehlsignal herausstellen, heißt es in einer am Freitag vorgelegten Studie.

Schmiermittel der Wirtschaft: Öl wird aufwendig aus dem Boden geholt. (Foto: Foto: ddp)

Die Veröffentlichung des Ifo-Indexes sowie des INSEE-Konjunkturbarometers (Frankreich) und des ISAE-Indexes (Italien) in der nächsten Woche seien wichtige Tests für den Konjunkturausblick für die Eurozone.

Der Ölpreis erreichte am Freitag wegen der hohen weltweiten Treibstoff-Nachfrage erneut die Marke von 60 Dollar. Ein Barrel (159 Liter) leichtes US-Öl der Sorte WTI kostete im asiatischen Handel bis zu 60,00 Dollar.

Rekordhoch vom Donnerstag knapp verfehlt

Damit wurde das erst am Donnerstagabend erreichte Rekordhoch von 60,05 Dollar nur knapp verfehlt. Zuletzt lag der Barrel-Preis bei 59,89 Dollar.

"So lange die weltweite Nachfrage nach Öl hoch bleibt, können wir kurzfristig nicht mit einem deutlichen Preisrückgang rechnen", sagte Analyst Victor Shum vom Energieberater Purvin and Gertz.

Für die zweite Jahreshälfte müsse mit Preisen zwischen 50 und 60 Dollar gerechnet werden. Ursache dafür seien neben der hohen Nachfrage auch die knappen Raffineriekapazitäten.

Auch die Autofahrer spüren inzwischen den hohen Ölpreis, während die Mineralölfirmen sich in einem Preiskampf sehen. Allein in diesem Monat hätten zehn Preisrunden an den Tankstellen nicht zu einer spürbaren Verbesserung der Handelsmargen geführt, sagte Rainer Winzenried von der Shell am Donnerstag in Hamburg.

Benzinpreis nahe am Rekord

Die Autofahrer müssen gegenwärtig für einen Liter Superbenzin im bundesweiten Durchschnitt an Markentankstellen etwa 1,23 Euro bezahlen, für Diesel 1,09 Euro. Das entspricht fast den absoluten Rekordpreisen an den Zapfsäulen, die in der vergangenen Woche erreicht worden waren.

Besonders der Dieselpreis ist im langfristigen Vergleich extrem hoch und der Abstand zu Benzin hat sich stark verringert.

Die Mineralölbranche begründet die hohen Preise mit der Entwicklung an den internationalen Rohöl- und Produktmärkten sowie dem schwächelnden Euro. Der Ölpreis legte am Donnerstag leicht zu.

Die Lagerbestände an Rohöl in den USA würden um neun Millionen Barrel über dem Durchschnittswert für diese Jahreszeit liegen. Die Bestandsdaten "sind in Ordnung", sagte Williams und der Ölpreis könnte durchaus um 10 bis 15 Dollar je Barrel sinken. Allerdings sei es sehr schwer, den Zeitpunkt dafür vorauszusagen.

Eine Tonne Superbenzin kostete vor einem Monat am europäischen Großmarkt in Rotterdam noch 465 Dollar, während es mittlerweile mehr als 520 Dollar seien. Diesel verteuerte sich sogar von 485 auf 560 Dollar je Tonne.

Die Tonne Diesel teurer als Benzin

Damit ist Diesel im Einkauf teurer als Benzin. Der Preisvorteil für Diesel an der Tankstelle ist allein auf eine geringere Besteuerung zurückzuführen.

Die aus Rohöl gewonnenen Produkte verteuern sich gegenwärtig schneller als das Öl selbst, weil vor allem in den USA die Raffinerie-Kapazitäten knapp sind und die Amerikaner sich deshalb auf den europäischen Märkten mit Ölprodukten eindecken.

Die Autofahrer haben auf das nachhaltig hohe Preisniveau mittlerweile mit deutlicher Konsumzurückhaltung reagiert. Allein im ersten Quartal reduzierte sich der Benzinabsatz um 6,5 Prozent, der Dieselverbrauch um 5,1 Prozent.

Dabei spielen allerdings statistische Verzerrungen durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen eine Rolle. Die Bruttomargen der Tankstellenfirmen, aus denen sämtliche Kosten gedeckt werden müssen, sind nach Angaben aus der Branche im Juni zeitweise auf weniger als vier Cent je Liter abgesunken.

Gewinnschwelle

Die Gewinnschwelle wird ungefähr bei sechs Cent erreicht. Gute Margen von mehr als sieben Cent je Liter wurden in diesem Jahr nach Angaben des Hamburger Energie-Informationsdienstes EID bislang nur im Mai erzielt.

Die Konjunkturforscher des Münchner ifo-Instituts rechnen wieder mit sinkenden Ölpreisen. Für das laufende Jahr erwarten sie einen durchschnittlichen Ölpreis von 48 Dollar. Im kommenden Jahr soll der Preis auf 46 Dollar im Durchschnitt sinken.

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