40-Dollar-Marke übersprungen:Hoher Ölpreis heizt die Inflation an

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Der starke Anstieg des Rohöl-Preises gefährdet die Erholung der Weltwirtschaft. In Deutschland erreichte die Inflationsrate ein Zwei-Jahres-Hoch.

Von Robert Jacobi und Gerhard Zitzelsberger

Die deutschen Verbraucherpreise sind im April nach endgültigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes im Vergleich zum Vorjahr um 1,6 Prozent gestiegen.

Das ist der höchste Zuwachs seit mehr als zwei Jahren. Treibstoff, Heizöl und andere Mineralölerzeugnisse wurden um 3,5 Prozent teurer.

Bund hofft auf höhere Förderung

Als weitere Ursache für den Preisanstieg nannten die Statistiker die Gesundheitsreform: Innerhalb eines Jahres hätten sich die Ausgaben für Vorsorge und Pflege um 19,4 Prozent erhöht, weil die Kassen die Ausgaben für Medikamente oft nicht mehr erstatten.

Auch die Bundesregierung ist wegen des hohen Ölpreises alarmiert. "Wir wünschen uns eine noch höhere Förderung", sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) mit Blick auf die Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec). "Wir werden uns dafür einsetzen, die Transparenz der Ölmärkte zu erhöhen", sagte Clement.

Zugleich lehnte er Nachlässe bei der Ökosteuer oder der Mineralölsteuer als "falsches Signal an die Adresse der Förderländer" ab. Die richtige Antwort auf den Anstieg sei "sparsames und effizientes Verbraucherverhalten".

Am Mittwoch erreichten die Rohöl-Preise ein neues Hoch. Die amerikanische Leitsorte WTI verteuerte sich im elektronischen Handel zeitweise bis auf 40,38 Dollar pro Barrel (159 Liter), die europäische Leitsorte Brent erreichte 37,60 Dollar; dies sind die höchsten Notierungen seit dem irakischen Überfall auf Kuwait im Jahr 1990.

Seit Jahresbeginn sind die Notierungen an den Öl-Börsen in London und New York um 24 Prozent empor geschnellt. Der Preisanstieg schlägt sich auch in der amerikanischen Handelsbilanz nieder.

Defizit von 46 Milliarden Dollar

Das US-Wirtschaftsministerium meldete am Mittwoch für März ein neues Rekord-Defizit im Außenhandel.

Das Minus weitete sich gegenüber Februar unerwartet stark um 9,1 Prozent auf 46 Milliarden Dollar aus. Der Euro-Raum spürt die Anspannung am Öl-Markt erst seit zwei Monaten, weil vorher die Dollar-Schwäche den Anstieg der Preise überlagert hatte und Öl in Euro gerechnet billiger geworden war.

Eine Ursache für den neuerlichen Anstieg der Öl-Notierungen war der jüngste Marktbericht der Internationalen Energie-Agentur (IEA). Die Dachorganisation der Verbraucher-Staaten korrigierte ihre Prognose der weltweiten Öl-Nachfrage neuerlich nach oben. Sie schätzt jetzt, dass im laufenden Jahr 80,6 Millionen Barrel Öl pro Tag verbraucht werden und damit 2,5 Prozent mehr als 2003.

Das Wachstum gehe auf den Boom in China und die gute Konjunktur in den USA zurück. Gleichzeitig schrumpfe speziell in der westlichen Welt die Öl-Förderung. Diese habe ihr Angebot im April um 1,5 Prozent gedrosselt. Allerdings legten jüngste Erklärungen den Schluss nahe, dass die Opec im Mai mehr Öl exportiere.

Die Opec teilte mit, sie sei an den hohen Preise unschuldig. Sie habe ihre Fördergrenzen praktisch außer Kraft gesetzt. Die Mitgliedsstaaten produzierten zwei Millionen Barrel pro Tag mehr als vereinbart. Das hohe Angebot schlägt sich laut IEA mittlerweile in höheren Rohöl-Lagerbeständen in den Verbraucher-Ländern nieder.

Sie decken inzwischen wieder den Bedarf von 82 Tagen; zu Beginn des Jahres waren es 79 Tage. Allerdings seien die Vorräte an Fertigprodukten geschrumpft. Im Juni entscheidet die Opec wieder über die Fördermengen.

© SZ vom 13.05.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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