Vorwurf: Vertragsbruch:Kempinski gibt in Heiligendamm auf

Lesezeit: 2 min

Spektakulärer Ausstieg: Die Kempinski AG zieht sich aus dem Management des Grand Hotel Heiligendamm zurück - doch ein Schiedsgericht muss die Kündigung erst noch prüfen.

Die Kempinski AG gibt das Management für das Grand Hotels in Heiligendamm mit sofortiger Wirkung auf. Der Betrieb des Hotels, das durch den G8-Gipfel 2007 über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde, soll aber regulär weitergehen.

Die Kempinski AG gibt das Management für das Grand Hotel in Heiligendamm mit sofortiger Wirkung auf. (Foto: Foto: dpa)

Die Hotelgäste sollen von den Vorgängen nichts bemerken, wie die Grand Hotel Heiligendamm GmbH & Co KG als Betreiber mitteilte. Kempinski-Vorstandsmitglied Markus Semer begründete die Trennung von der Fundus Gruppe (Düren), dem Heiligendamm-Investor, mit Vertragsbrüchen. Zudem seien die Managementgebühren von 1,1 Millionen Euro für die vergangenen zwei Jahre nicht gezahlt worden. Die Kempinski AG wirft der Fundus-Gruppe zudem "ständige Einmischung in den täglichen Hotelbetrieb" vor. Auf dieser Grundlage sei der Qualitätsanspruch der Kempinski AG nicht aufrecht zu erhalten.

Kündigung muss zunächst Schiedsgericht vorgelegt werden

Die Grand Hotel Heiligendamm GmbH & Co KG, deren Geschäftsführer Fundus-Chef Anno August Jagdfeld ist, begrüßte die Kündigung des Vertrags. Die Form sei allerdings nicht korrekt, sagte Hotel- Interimsdirektor Martin Smura. Der Vertrag zwischen beiden Partnern sehe vor, dass eine Kündigung zunächst einem Schiedsgericht zur Klärung vorgelegt werden müsse, wie dies bei internationalen Verträgen üblich sei. Smura wies die Darstellung zurück, dass vonseiten der GmbH Verträge gebrochen worden seien. Vielmehr sei von Kempinski kein schlüssiges Managementkonzept vorgelegt worden.

Die Gesellschafter der GmbH & Co. KG, die in der Vergangenheit rund 130 Millionen Euro Kapital in einen Heiligendamm-Fonds investierten, haben deshalb laut Smura Anfang Dezember den Wunsch geäußert, nicht mehr länger mit Kempinski zusammenarbeiten zu wollen. Dann könnten andere Möglichkeiten erschlossen werden. Gleichzeitig sei eine Kapitalerhöhung in mehreren Stufen um 40 Millionen Euro beschlossen worden. Es werde nun keine große Hotelgruppe einsteigen, das Grand Hotel werde als einzelnes Haus weitergeführt, sagte Smura.

Das im Jahr 1796 gegründete Ostseebad Heiligendamm gilt als das älteste deutsche Seebad. In der DDR wurde ein Großteil der historischen Gebäude zum "Sanatorium für Werktätige" umfunktioniert. Nach der Wende verfielen die Häuser in der "Weiße Stadt am Meer" genannten Anlage zusehends. 1996 erwarb die Investorengruppe Fundus (Düren) den Hauptteil der Immobilien.

Das Grand Hotel in Heiligendamm hatte 2003 den Betrieb aufgenommen und litt in den ersten Betriebsjahren unter einer schlechten Auslastung von rund 40 Prozent. Der von der Fundus-Gruppe aufgelegte Fonds erwirtschaftete auch keinen Gewinn. Erst mit dem G8-Gipfel 2007 konnten Auslastungen um die 60 Prozent erreicht werden. Wegen der Weitläufigkeit des Geländes werde eine überdurchschnittlich hohe Zahl von 300 Mitarbeitern bereitgehalten, was die Bilanz nach Informationen aus dem Hotelumfeld erheblich belastet.

Vorwurf: Missmanagement

Kempinski-Vorstand Semer kritisierte, dass größere Investitionen wie die Entwicklung von Villen am Meer und eines Thalasso- und Ayurveda-Centers nicht ausgeführt worden seien. Dies habe "die Leistung des Hotels gehemmt". Die Kempinski AG sei daran gehindert worden, "ihre international anerkannte Expertise im Luxushotel- Management effektiv auszuüben und das Hotel auf einer soliden wirtschaftlichen Basis zu managen". Ein weiterer Tiefpunkt in der Geschäftsbeziehung zur Fundus-Gruppe sei erreicht worden, nachdem Vorwürfe von Missmanagement erhoben worden seien.

Tatsächlich sei die operative Hotelführung aber nicht mehr unter der Kontrolle des Kempinski-Managements gewesen. In der Folge habe dies dazu geführt, dass "Kundenbeschwerden in unangemessener Weise in die Höhe geschnellt sind". Kempinski habe schließlich keine andere Wahl gehabt, als den Managementvertrag zu kündigen. Semer sagte weiter, aus jetziger Sicht habe dies keine Folgen für die Betriebsführung des Adlon in Berlin, dessen Miteigentümer und Geschäftsführer Jagdfeld ist. Die für das international renommierte Luxushotel am Brandenburger Tor geltenden Verträge laufen den Angaben zufolge bis 2016.

© sueddeutsche.de/dpa/iko/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: