Edelmetalle:Glänzender Auftritt

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Ein Werk des russischen Bergbauunternehmens MMC Norilsk Nickel. Es fördert Nickel, Kupfer und Palladium. (Foto: Andrey Rudakov/Bloomberg)

Während alle aufs Gold schauen, schießt der Preis für Palladium durch die Decke. Nur: Wie lange dauert der Höhenflug? Vieles hängt von der Autobranche ab.

Von Victor Gojdka, München

- Es war ein kurioser Auftritt, als die amerikanische Musikerin Kelly Osbourne auf einer Modenschau in Las Vegas vom silbrig glänzenden Edelmetall Palladium schwärmte. Dank des ultraleichten Palladiums könne sie jetzt endlich riesige Ohrringe tragen. Ohrringe aus schwereren Metallen zögen immer so stark an ihren Ohrläppchen, einmal sei ihr deswegen sogar Blut den Nacken heruntergelaufen. Als Teil einer Werbekampagne sollte Osbourne Schmuckliebhabern die Vorzüge von Palladium verdeutlichen. Denn bei ihnen führt das Edelmetall neben Gold, Silber oder Platin traditionell ein Schattendasein.

Ähnlich ist es auch bei Anlegern: Sie lassen Palladium ebenfalls meist links liegen. Doch innerhalb der vergangenen zwölf Monate legte Palladium um mehr als 50 Prozent zu, auch die Preise anderer Metalle stiegen in unerwartete Höhen. Was Anleger jetzt wissen müssen.

Wofür braucht man es?

Ohne Palladium würde in unseren Städten vermutlich ziemlich dicke Luft herrschen. Denn rund achtzig Prozent der weltweiten Palladiumnachfrage kommt von Autoherstellern, die das Edelmetall zur Abgasreinigung einsetzen. Wohlgemerkt: nur bei Benzinern. Die Lieferungen des silberweißen Metalls kommen zu fast gleichen Teilen aus Russland und Südafrika, wo Palladium als Nebenprodukt von Nickel oder Platin anfällt. Kelly Osbournes Ohrringe spielen für das Edelmetall übrigens keine Rolle: "Kaum zwei Prozent der jährlichen Palladiumnachfrage kommt von Schmuckherstellern", sagt Rohstoffanalyst Carsten Fritsch von der Commerzbank.

Warum ist der Preis so stark gestiegen?

Auslöser der Palladiumrallye war eine sechsseitige Notiz der amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA. Am 18. September 2015 bezichtigte die Behörde den Volkswagen-Konzern, Abgastests bei Dieselautos manipuliert zu haben. "Seitdem kaufen immer weniger Menschen in Europa Dieselautos, und wir sehen diese Preissteigerung des Palladiums", sagt Jan Edelmann, Rohstoffexperte der HSH-Nordbank. Denn nur bei der Abgasreinigung von Benzinern findet Palladium großflächigen Einsatz.

Außerdem haben sich die Fahrzeugabsätze auf dem weltweit größten Automarkt China seit Jahresbeginn um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erhöht. Tendenziell sorgen außerdem immer strengere Abgasnormen für mehr Palladium im Katalysator.

Ist das eine Blase?

Klare Antwort: nein. "Sicherlich hat Spekulation die Preise etwas getrieben", sagt HSH-Analyst Edelmann, "insgesamt ist die Preisentwicklung aber durch die Fundamentaldaten gedeckt." Die HSH-Nordbank sieht den Palladiumpreis zu Jahresende stabil bei etwa 950 US-Dollar je Feinunze. Auch ganz grundsätzlich sind dem Preisanstieg des Palladiums enge Grenzen gesetzt. Denn neben Palladium können Autohersteller auch Platin zur Abgasreinigung einsetzen. Traditionell war Platin zwar immer teurer als Palladium, doch Ende September kehrte sich das Verhältnis erstmals seit 2001 um. Sollte Platin langfristig billiger als Palladium bleiben, dürften sich die Automobilkonzerne überlegen, ob sie nicht auf Platin umsteigen - was den Palladiumpreis in die Tiefe schicken würde.

Welche anderen Metalle laufen auch besonders gut?

Vor allem Zink und Kupfer verzeichnen stark steigende Notierungen: Kupfer kletterte innerhalb der vergangenen zwölf Monate um etwa 40 Prozent, Zink um circa 30 Prozent. "Diese beiden Metalle profitieren schlicht vom Konjunkturboom", sagt Edelmann. Geht es der Weltwirtschaft gut, steigen meist auch die Preise dieser Metalle. Denn ohne Kupfer geht in der modernen Welt nichts, es steckt in Handys, Kabeln und Computerchips. Zink wird vor allem als Korrosionsschutz für Baustahl verwendet - und gerade in China läuft aufgrund der massiven Kreditvergabe die Baubranche auf Hochtouren.

Wie sollten sich Anleger jetzt verhalten?

Einfach Kupfer kaufen und unters Kopfkissen legen, das könnte schwierig werden. Industriemetalle werden üblicherweise in Tonnen gehandelt. Palladium lässt sich zwar in Barrenform kaufen, dabei fallen im Unterschied zu Gold allerdings 19 Prozent Mehrwertsteuer an. Theoretisch können Anleger spezielle Finanzinstrumente kaufen, die die Preisentwicklung eines Metalls nachbilden, sogenannte Exchange Traded Commodities (ETC). Doch wer sich diese Finanzinstrumente genau anschaut, merkt schnell: Nicht immer spiegeln die ETC-Anbieter den Preis punktgenau. Daher eignen sich diese Instrumente nur für sehr erfahrene und risikotolerante Investoren. Kleinanleger sollten nicht auf einen einzelnen Rohstoff setzen, sondern lieber bis zu 10 Prozent ihres gesamten Anlagevermögens in einen breiten Rohstoffindex investieren. Das hilft, um das Risiko im eigenen Depot zu streuen und sich nicht nur von Aktien oder Anleihen abhängig zu machen.

© SZ vom 02.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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