Lokaltermin:Hofküche Backensholz

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Köche, die ihr eigenes Gemüse anbauen, gibt es viele. Landwirte, die sich mit einem Restaurant versuchen, sind indes noch eine Seltenheit. Der Biohof Backensholz bei Husum serviert im eigenen Lokal hervorragende Produkte.

Von Marten Rolff

Köche, die ihr eigenes Gemüse im Garten anbauen, gibt es viele. Landwirte, die sich mit einem Restaurant versuchen, sind dagegen noch eine Seltenheit. Backensholz in Schleswig-Holstein ist ein Vorzeigehof mit hohen ökologischen Standards, eigenem Milchvieh und einer der besten Käsereien des Landes. Im vergangenen April hat dort auch eine Hofküche eröffnet, die sich zu einem vielversprechenden Farm-to-Table-Projekt entwickelt, findet Marten Rolff.

Zu deutschem Käse fällt den meisten das Allgäu ein oder vielleicht noch Harzer Rolle, aber eher nicht Schleswig-Holstein. Dabei hat der Norden, das ist wenig bekannt, nicht nur eine eigene "Käsestraße", sondern sogar eine besonders gute. Wichtigste Station ist der "Backensholzer Hof" zwischen Husum und Schleswig, der schon in den Achtzigerjahren auf ökologische Landwirtschaft umstellte. Das Käsemachen, so lautet das Credo, beginnt mit den Grundlagen: mit Kreislaufwirtschaft, Wildkräuterwiesen für die Kühe, mit der Zucht von Angler Braunvieh, dessen Milch besonders viele käsefähige Stoffe enthält oder mit Sensorikseminaren für Mitarbeiter.

Der Erfolg war beachtlich. Reifer "Deichkäse" aus Backensholz schaffte es bei den World Cheese Awards unter die besten Sorten der Welt; auch andere Sorten wie der Blauschimmelkäse "Friesisch Blue" fanden früh Anerkennung auf dem Pariser "Salon du Fromage", wo man Käse aus Deutschland traditionell mit freundlicher Überheblichkeit ignoriert. Inzwischen werden in Backensholz 10 000 Liter Milch pro Tag verkäst. Schon länger widmet sich der Hof auch dem Fleisch, experimentiert mit alten Rassen oder Trockenreifung. Zudem bauen sie hier eigenes Obst und Gemüse an. Da lag es nahe, dass man irgendwann fand: All diese Produkte wären eine schöne Grundlage für ein eigenes Farm-to-Table-Lokal.

Im April eröffnete dann die "Hofküche Backensholz". Wie es dazu kam? Erkundigt man sich bei Familie Metzger-Petersen, die Biohof und Käserei in zweiter Generation führt, lautet die lapidare Antwort: "Wir essen halt alle gerne." Es gibt schlechtere Voraussetzungen für ein Restaurant. Ein Küchenchef war bald über einen gemeinsamen Freund vermittelt: Hermann Bothe hat im Hamburger "Hotel Atlantik" gelernt und nach Stationen in München und Australien im "Samoa Seepferdchen" auf Sylt gekocht. Für die Hofküche entstand - in Sichtweite des Guts - ein eleganter, holzverschalter Neubau mit großen Fensterfronten, in dem auch der Hofladen mit dem Herzstück, der Käsetheke, untergebracht ist.

Der Service im Lokal ist sehr zugewandt, und da wir einen der letzten schönen Spätsommerabende erwischt haben, schlägt die Kellnerin vor, den Aperitif und die Vorspeisen draußen zu servieren. Es gibt Rosmarin-Spritz auf der Terrasse, die in einen gepflegten Garten übergeht. Schnell steht sehr gutes Brot zu Frischkäse-Dip auf dem Tisch. Die Karte ist klug, sie hat nur eine Handvoll Hauptgerichte: gehobene Landhausküche mit Crowdpleasern wie Burger. Wobei jedes Gericht, hier stimmt das Versprechen, die ja tatsächlich besonderen Produkte des Hauses in den Mittelpunkt stellt. Klein, aber interessant ist auch die Weinkarte. Wir wählen einen knackigen Silvaner "Muschelkalk" 2017 vom Würzburger Weingut am Stein (22,50 Euro).

Viele der gemischten Vorspeisen (12,50 Euro/Person) funktionieren dank der Zutaten gut: Der cremige Ziegenkäse mit Frühlingszwiebeln und Walnuss; die mit Kapern gewürzten und mit Blauschimmelkäse und Tomate überbackenen Fleischbällchen oder Bruschetta mit Fenchelsalat und zart salzigem Schinken vom Dänischen Protestschwein (auch Rotbuntes Husumer), eine alte Rasse mit aromatischem Fleisch, auf die Backensholz spezialisiert ist. Dagegen legen eine wenig aussagekräftige Blumenkohltarte, ein Häuflein Cesar Salad und die "Hof-Chips" den Verdacht nahe, die Küche sei verzweifelt auf der Suche nach Kleinigkeiten, die sich mit eigenem Käse bereiben oder überbacken lassen. Da gibt es bessere Wege, Produkte zu inszenieren. Fein ist der marinierte Biolachs mit Zitronenverbene, Meerrettichsud und Kartoffelrösti (16).

Ihre Stärken spielt die Küche bei den Hauptgerichten aus. Beim großartigen, sehr zarten Rückensteak vom Milchrind, das mit feiner Liebstöckel-Hollandaise, Grilltomate und Kartoffelgratin serviert wird (32 Euro). Wobei so viel Eigengeschmack im Grunde keine Soße bräuchte. Das Fleisch älterer Tiere - der Backensholzer Hof lässt nur altgedientes Milchvieh schlachten - ist nicht nur nachhaltig, sondern auch sehr aromatisch, weil sehr muskulös; die Verarbeitung ist anspruchsvoll.

Fleisch ist eine Spezialdisziplin des Hauses, wie auch die außen krossen und innen zarten Streifen vom Protestschwein zeigen, die auf üppig portionierter cremiger Polenta lagern, zu gebratenen Austernpilzen, gebackenen Cocktailtomaten und Käsecrumble (26) - ein Gericht, dem ein kleiner Säurekick gut getan hätte. Ein echter Genuss ist das butterzart geschmorte Rehragout mit süßen Preiselbeeren auf Pappardelle (18). Mächtig, aber interessant dann der Burger: tolles Fleisch im briocheartigen Brötchen zu gebratenem Apfel und Blauschimmelkäse.

Anschließend ist die Käseplatte natürlich ein Muss (8,50). Doch auch die süßen Desserts lohnen: Mit Kirschen gefüllte Holunder-Mousse auf Zimtbiskuit und angenehm wenig süßem Karamelleis (9,50). Oder säuerliche Skyrcreme mit Blaubeeren und Plätzcheneis (9). Ein schöner Abschluss für einen schönen Abend. Die Hofküche hat nur fünf Monate nach ihrer Eröffnung ja gerade erst begonnen, ihre Möglichkeiten auszuloten.

In einem Satz: Der Schatz der Hofküche sind die guten Produkte: Käse, Fleisch, Gemüse - alles vom eigenen Biohof.

Qualität: ●●●●○

Ambiente: ●●●○○

Service: ●●●●○

Preis/Leistung: ●●●●○

© SZ vom 28.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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