LED-Mode:Lichteinfall

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Blinkende Shirts, funkelnde Roben: Intelligente Stoffe mit eingebauten Leuchtkörpern, die "smart fabrics", werden als zukunftsträchtige Mode-Innovation gehandelt. Auch große Namen der Branche sind fasziniert von E-Fashion.

Von Anne goebel

Als die Kostümbildnerin und Automechanikerin Diana Dew 1966 die ersten elektronischen Kleider entwarf, hatte sie klare Vorstellungen. Es ging ihr um exakt die Bilderfluten, die psychedelische Drogen auslösen. Hypnotische Kreiselmuster, Lichtsalven, lodernde Farben - und das alles medizinisch absolut unbedenklich. Dew war eine Mittzwanzigerin mit wechselhafter Vorgeschichte, reichlich LSD-Konsum inklusive, und in Manhattans East Village war sie eine Weile ein bisschen berühmt. Ihre Mäntel mit Batterielämpchen, die teichgrün oder orange blinkenden Kleider passten perfekt zum exzentrischen Selbstbild der Swinging Sixties. Manche Teile konnte man sogar kaufen, in einer Boutique namens "Paraphernalia".

Modedesigner, die heute auf Hightech-Effekte setzen, kommen nicht unbedingt aus der Subkultur. Und den Entwürfen sieht man das an, es fehlt das Wilde, Anarchische - womit aus Sicht des Konsumenten erst recht die Frage naheliegt: Braucht man das, ein strahlendes Kleid, farbig pulsierende Hosenbeine? In der Branche wird das weite Feld der "smart fabrics" als zukunftsweisend beschworen, Stoffe, die über integrierte Mikroelemente die Blutwerte messen, Flirts mit Stopp-Signalen abblocken - oder eben hübsch glitzern. Wer textile LED-Kleinigkeiten mag, kauft oszillierende Shirts und Schals oder sogar Leuchtbettwäsche. "Blinky blinky", spotten Stilhüter über solchen Hokuspokus, doch faszinieren Minidioden im Stoff zunehmend auch große Modenamen. Das unfehlbar elegante Schweizer Label Akris besprenkelte ein Abendkleid mit einem elektrischen Sternenmeer, Raunen im Publikum der Schau. "E-broidery" nennt Designer Albert Kriemler das aufgestickte Funkeln. Und Zac Posen knipste neulich auf der Fashion Week in New York Lichter in einem taillierten Rock an. Ach ja, ein Internet-Konzern steckt mit hinter dem Projekt.

Hierzulande will Lisa Lang vom Berliner Label Elektrocouture LED-Mode aus der Nische holen. "Das ist massentauglich. Wir erforschen, wie die Sachen waschbar und die Laufzeiten länger werden", sagt sie. Ihr aktuelles Paradestück: eine korallenrot gebauschte Tüllrobe mit Lichterkette. Sie erlischt nach sechs Stunden. Von so einem Wert konnte Diana Dew nur träumen.

Trotz solcher Fortschritte wird das Gros der Kleidung auch künftig keinen An-Aus-Schalter haben. Allerdings wurden Innovationen in der Mode auch oft als verstiegen beäugt - bevor alle Welt sie dann todschick fand. Der Reißverschluss, um 1900 erfunden: indiskutabel für Damen, hieß es. In den Sechzigern: Kopfschütteln über Metall und Plastik der " Space Fashion". Heute sind die Stiefel und Silberkleider eines Paco Rabanne ikonische Stücke. Der Designer sagte damals: "Der einzige neue Horizont, der in der Mode noch existiert, sind neue Materialien."

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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