Laura Weißmüller:Beste Bauart

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Gute Bildbände sind ja oft Einladungen zum Reisen. Denn da das Bild im Vordergrund steht - selbst gehaltvolle Texte bieten eher mehr Rahmen als Inhalt - dürfen die Gedanken ihre Koffer packen, dorthin, wo die Aufnahmen entstanden sind. Einziges Problem bei den zwei folgenden Empfehlungen: Hier bietet sich als Reiseziel gleich die ganze Welt an, allerdings macht sie gerade das auch so interessant.

Allen voran der mehrere Kilo und 1000 Abbildungen umfassende Prachtband "Habitat. Traditionelle Bauweisen für den globalen Wandel" (Detail, 600 Seiten, 99 Euro). Die Herausgeberin, die Architektin und Wissenschaftlerin Sandra Piesik, die schon über die Verwendung von Palmwedel in der modernen Architektur geforscht hat, hat die Bauten nach Klimazonen geordnet, vom sogenannten Oca, einem Haus mit ovalen Grundriss und einer Grasdecke bis zum Boden aus dem Amazonasgebiet (Kategorie: tropisch), bis hin zur Torfarchitektur aus Island und dem Goahti-Zelt der Samen (Kategorie: polar). Mit kurzen Texten stellen 140 Fachautoren die jeweilige Architektur und ihre Entwicklung anschaulich vor. Die Fotografien übernehmen dann die Hausführung. Die Fülle der unterschiedlichen Strategien und Techniken, so zu bauen, dass die Häuser - oft seit Jahrhunderten - nicht nur dem Wetter trotzen, sondern auch der Gemeinschaft ein Dach über den Kopf bieten, sind atemberaubend. Aus ihnen gilt es zu lernen, wie die letzten Kapitel dieses neuen Standardwerks klarmachen - oder die Menschheit hat bald kein Zuhause mehr.

Zum Studieren, ja ewigen Schmökern lädt auch "Cartographics. Die Kunst der Kartengestaltung" ein (Prestel, 256 Seiten, 39,95 Euro). Die Kartografin und Dozentin für Kartografie Jasmine Desclaux-Salachas hat neue Karten gesammelt, die mal lustig, mal ernst, mal aus Pasta, mal aus Wörtern, mal gestickt, dann gewebt den Weg weisen. Es geht nicht nur um Orte, es geht auch um Literatur, Hörgewohnheiten oder das Straßennetz in der Luft. Doch alle Karten haben eines gemeinsam: Sie lösen den Reiz beim Betrachter aus, mit dem Finger schon mal die Reiseroute abzufahren.

© SZ vom 02.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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