Jens-Christian Rabe:Pop, Pop, Pop

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SZ-Zeichnung (Foto: sz)

Gute Popmusik-Alben lieferte das Jahr viele. Die wirklich großartigen, um die man sofort eine Schleife binden möchte, waren natürlich rarer. Und doch gab es sie wieder viel häufiger als gedacht. Die bitterste Bilanz der menschlichen Komödie etwa zog der Indie-Folk-Crooner und Songwriter Father John Misty auf "Pure Comedy" (ca. 11 Euro). Und die schönste und lustigste und klügste und hoffnungsvollste, die man sich nur vorstellen kann. Wie nebenbei gelang es ihm damit auch noch, im Jahr eins mit Donald Trump den Protest-Pop zu retten, der anderswo allzu oft hässlich verbittert geriet. Father John Mistys Kunst ist bei aller Verzweiflung und Ungnade immer auch bezaubernd zart und ermutigend.

Ebenso gehört haben muss man das vierte Album der österreichischen Band Bilderbuch: "Magic Life" (ca. 17 Euro). Famos angestotterter R'n'B-Pop-Funk ist darauf zu hören, also ganz, ganz große Pop-Eklektik, zu der man sehr, sehr gut in einen Samstagabend hineinwackeln kann. Oder aus einem Sonntagnachmittag heraus. Oder durch einen modrigen Montag hindurch. Und dann bringt es Sänger Maurice Ernst auch wirklich noch fertig, Deutsch wie eine Popsprache klingen zu lassen.

Der New Yorker Indie-Pop-Tüftler Dave Longstreth wiederum legte mit dem unbetitelten achten Album (ca. 13 Euro) seiner Dirty Projectors das herzzerreißendste Trennungsalbum vor, auf dem ihm auch noch das eigentlich Unmögliche gelang, der Pop-Geniestreich des Jahres: die federleichte Vermählung von Indie und R'n'B.

Annie Clark alias St. Vincent klang auf "Masseduction" (ca. 13 Euro) wieder einmal gleichzeitig so somnambul, supersmart und selbstironisch, wie nur Annie Clark klingen kann. Und mit "New York" servierte sie darauf auch noch die hinreißendste ungerührte Liebeskummer-Hymne aller Zeiten.

Um den Londoner Pianisten und Avantgarde-Soul-Sänger Sampha Lahai Sisay alias Sampha rissen sich schon 2016 sämtliche Schrittmacher des Pop von Kanye West und Frank Ocean bis Drake und Solange Knowles. Sein Debüt "Process" (ca. 13 Euro) war dann tatsächlich so unwiderstehlich brillant, wie man kaum zu hoffen gewagt hatte.

© SZ vom 02.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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