Dem Geheimnis auf der Spur:Die magischen Drei

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Sterndeuter, Weise, Könige - in der bildenden Kunst gibt es viele originelle Varianten der Heiligen aus dem Morgenland. Aber was hat es wirklich auf sich mit den Besuchern am Geburtsort von Jesus Christus? Und welcher Stern schien damals über Bethlehem?

Von Gottfried Knapp

Je mysteriöser und ungenauer die Beschreibung eines Vorgangs in der Bibel ist, desto lustvoller haben Maler die Andeutungen zum sprechenden Bild ergänzt. In der einzigen Erwähnung der Heiligen Drei Könige in der Bibel werden die Herren als "Magier" aus dem Osten bezeichnet, als himmelskundige Leute, die einem aufgegangenen Wanderstern nachgereist sind, um dem "neugeborenen König der Juden" zu huldigen. Da sie bei ihrer Königs-Suche mit einem anderen Herrscher, dem durch ihr Erscheinen heftig alarmierten König Herodes, in Konflikt geraten, haben sich die theologischen Interpreten dieser Bibelstelle früh schon darauf geeinigt, dass auch die geheimnisvollen Reisenden Könige gewesen sein müssen.

Diese "Anbetung der Heiligen Drei Könige" wurde um 1535 vom Meister von Meßkirch gemalt. Abb.: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg, Aufnahme Michael Eckmann (Foto: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg i. Br., Bildarchiv, Aufnahme Michael Eckmann)

Auf die Zahl Drei aber, die in der Bibel nirgendwo vorkommt, dürften sich die Theologen geeinigt haben, weil sie bei Matthäus lesen konnten, dass die Männer aus dem Osten, als sie das Kind entdeckten, auf die Knie gefallen sind und ihre mitgebrachten Schätze ausgebreitet haben: drei Substanzen, die in ihrer extremen Unterschiedlichkeit die Fantasie der Nachgeborenen immer wieder heftig beschäftigt haben - Gold, Weihrauch und Myrrhe. Es dürften also drei Männer gewesen sein, die diese drei Gaben überreicht haben; doch sie müssen nicht unbedingt Könige gewesen sein, für die Protestanten sind sie einfach nur Weise, wissende Männer.

Mit dem im Matthäus-Evangelium vergleichsweise genau geschilderten astronomischen Wunder, dem Stern, der am Himmel aufgegangen ist, konnten die Maler und Bildhauer, die sich diesem Teil der Weihnachtsgeschichte zuwandten, eher wenig anfangen. Natürlich ist auf allen Dreikönigs-Darstellungen irgendwo ein Stern zu entdecken, doch der prägt sich nicht als etwas Besonderes ein, denn auch die Weihnacht der Hirten ist ja von Sternen erhellt. Das astronomische Großereignis, das sternkundige Männer zu abenteuerlichen Fernreisen animiert hat, lässt sich mit bildnerischen Mitteln allenfalls andeuten; selbst eine auffällig helle Stelle am Himmel kann keine kosmischen Dimensionen suggerieren.

Umso gründlicher haben sich Astronomen und Astrologen in dieses von Matthäus überlieferte Detail vertieft und Deutungen geliefert, die das biblische Geschehen naturwissenschaftlich untermauern sollen. Von einer Supernova war die Rede, von schweifenden Kometen und von bestimmten Planetenkonstellationen wie einer Begegnung von Jupiter und Saturn. Doch für die bildliche Umsetzung waren diese Vermutungen gänzlich unergiebig.

Die bildenden Künstler haben sich an die handfesten Details gehalten, mit denen das von Matthäus geschilderte magere Geschehen im Lauf der Jahrhunderte ausgeschmückt worden ist. In byzantinischen und frühmittelalterlichen Darstellungen tragen die drei Ankömmlinge meist noch phrygische Mützen; sie wurden damals also der persischen Kultur zugeordnet. In Italien, wo die Anbetung der Könige immer "Adorazione dei Magi" - Anbetung der Magier - hieß, tragen die drei Herren, die vor der heiligen Familie aufmarschiert sind, in der Regel keine Kronen. Doch ihr prächtiges Gefolge mit schätzetragenden Dienern, beladenen Kamelen, rassigen Pferden, Jagdhunden, ja manchmal sogar Elefanten deutet an, dass sie märchenhafte Reichtümer besitzen und in ihren Ländern hohe Positionen einnehmen.

Die drei Könige verkörpern auch die drei Lebensalter und die drei damals bekannten Erdteile

In der deutschen Kunst kann Dürers "Anbetung der Könige" von 1504 - das Gemälde ist heute im Besitz der Uffizien in Florenz - als farbenfroh ausfabulierte Idealdarstellung des Themas und als Vorbild, das Generationen von Malern geprägt hat, gefeiert werden. Dürers drei "Könige" unterscheiden sich nicht nur in ihren prachtvollen Gewändern, sondern deutlich auch in ihrem Alter und in ihrer Hautfarbe. Der älteste trägt einen grauen Bart, der mittlere lange braune Locken, der jüngste, der schwarze König, der sich besonders elegant gekleidet hat, ganz kurzes krauses Haar. Sie verkörpern also die drei Lebensalter, aber auch die drei damals bekannten Erdteile Europa, Asien und Afrika und symbolisieren so ein friedliches Aufeinandertreffen dreier Weltteile und - was heute viel wichtiger erscheint - dreier unterschiedlicher Glaubensvorstellungen. Der Frieden, den sie ausstrahlen, und das Glück, das sie beim Anblick des Kindes empfinden, hat freilich nicht lang angehalten. Durch ihr Erscheinen ist König Herodes zum grausigen Kindermord von Bethlehem angeregt worden.

Der mit Namen nicht bekannte Meister von Meßkirch, dem in der Stuttgarter Staatsgalerie derzeit eine große Sonderausstellung gewidmet ist, hat rund 30 Jahre nach Dürer in seiner "Anbetung der Könige" noch einmal glanzvoll zusammengefasst, was sich in diesem Motiv darstellen lässt. Die Extravaganz seiner Königs-Gewänder ist schwer zu übertreffen. Umso wirkungsvoller demonstriert die von ihm erfundene Ruinenarchitektur mit dem Kellerloch rechts unten, den bewachsenen Arkaden und dem Holzverschlag hinten über Josef den Gegensatz zwischen Prunk und Armut. Und die von Engeln bevölkerte Wolke ganz oben zeigt, wer den golden flimmernden Stern bis zu Maria und dem Kind gelenkt hat.

© SZ vom 05.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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