Zweite Liga:"Paramilitärischer Aufmarsch"

Lesezeit: 2 min

Der DFB-Kontrollausschuss ermittelt wegen den Ausschreitungen von Dresdner Fans in Karlsruhe.

Fußball-Fankultur ist zweifellos Geschmackssache. Und deshalb gibt es in den einschlägigen Internetforen nun viele, die "Weltklasse", "Hammer", "legendär" oder auch einfach "geil" finden, wie rund zweitausend Freunde von Dynamo Dresden am Sonntag in Karlsruhe Krieg spielten. Sie trugen Hüte und Shirts mit Tarnmuster, einige hatten ihre Gesichter geschwärzt, auf der Brust trugen sie den Schriftzug: "Footballarmy Dynamo Dresden". So zogen sie vor dem Zweitligaspiel unter Polizeigeleit zum Stadion. Es gibt ein Video davon. Zu sehen und zu hören sind Rauchschwaden, Trommelwirbel, Schüsse aus Schreckschusspistolen, vorneweg ein Transparent: "Krieg dem DFB."

Das alles hätte schon genügt für Debatten über Grenzen des guten Geschmacks. Aber es blieb nicht dabei. Nach der Militärparade überrannten Dresdner den Eingangsbereich im Wildparkstadion. Sie plünderten Imbissstände und verletzten dabei laut Behördenberichten 21 Ordner. 15 Polizisten seien durch Pyrotechnik verletzt worden. Im Stadion ging es weiter mit Knallerei und Kriegsspiel. Auf einem weiteren Video ist zu sehen, wie der Dresdner Block zum Schlachtruf "Ost-Deutschland" marschiert. Das Spiel gewann Dynamo 4:3, aber das ist nun Nebensache.

Der DFB-Kontrollausschuss hat Ermittlungen eingeleitet, nicht nur wegen der Ausschreitungen, sondern auch wegen des gesamten Auftritts der Dresdner. "Dieser militärische Anstrich ist eine neue Komponente, die wir in unsere Überlegungen einzubeziehen haben", sagte Hans E. Lorenz, Vorsitzender des DFB-Sportgerichts, der Welt. Zu klären wird sein, ob die Dynamo-Führung vorab über die Fan-Aktion informiert war, und ob sie sie hätte unterbinden müssen. Schließlich ist es ein gehöriger Aufwand, zweitausend Leute militärisch einzukleiden. "Wegen der neuen Qualität der Vorfälle werden wir die Lage am kommenden Freitag im DFB-Präsidium zur Sprache bringen und dort ausführlich mit den Vertretern der Liga analysieren", sagte DFB-Vizepräsident Rainer Koch: "Die bisherigen Reaktionen bleiben weit hinter dem zurück, was jetzt notwendig ist."

Dynamo hat sich am Montag entschuldigt und versprochen, die Vorfälle zu untersuchen. Sportgeschäftsführer Ralf Minge sagte, man distanziere sich von jeder Form von Gewalt und verurteile auch Spruchbänder, die dazu aufrufen. Geschäftsführer Michael Born erklärte, die Vorkommnisse seien " ein Rückschlag auf unserem Weg". Die wegen ihrer Randalebereitschaft lange Zeit berüchtigte Dynamo-Fangemeinde galt zuletzt als einigermaßen befriedet. Aber der DFB hat ein strenges Auge auf den Verein. Wegen der Liste von Vorstrafen griff er scharf durch, als vergangenen Sommer beim Pokalspiel gegen RB Leipzig ein abgetrennter Bullenkopf in den Stadioninnenraum geworfen wurde. Ein Fanblock musste für ein Spiel gesperrt werden.

Sogar der Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) äußerte sich zu der Vorfällen. "Die martialischen Szenen vor dem Spiel Karlsruhe gegen Dresden sind völlig inakzeptabel. Begriffe wie ,Krieg' haben mit sportlichem Wettbewerb nichts zu tun", sagte er der Heilbronner Stimme. KSC-Präsident Ingo Wellenreuther warf die Frage auf, "ob solche paramilitärischen Aufmärsche überhaupt geduldet werden dürfen von staatlicher Seite".

© SZ vom 16.05.2017 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: