Zweite Liga:Grau statt himmelblau

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Mit einem ideenlosen Auftritt und einer 0:1-Niederlage gegen den FSV Frankfurt endet die kurze Phase der Euphorie: Der TSV 1860 München beendet die Vorrunde auf einem Abstiegsplatz.

Von Markus Schäflein

Der von einem Sieg gekrönte Besuch des jordanischen Investors Hasan Ismaik, freundliches Stadiongeplauder beim Bürgermeister, das spektakuläre 4:4 in Paderborn - der Fußball-Zweitligist TSV 1860 München hatte in den vergangenen Wochen in schönstem Himmelblau das Bild einer Aufbruchsstimmung gemalt. Die mit offiziell 14100 Zuschauern gähnend leere Arena am Freitagabend konterkarierte es mit ihren vielen grauen Sitzschalen, und auch das Spiel der Löwen bedeutete das Ende der kurzen Phase der Euphorie. Gegen einen direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenverbleib verloren die Münchner nach einer ideenlosen Vorstellung 0:1 (0:1). Der FSV weist nun auf Zweitliga-Tabellenrang zehn bereits acht Zähler Vorsprung auf die Löwen auf, die die Vorrunde mit 14 Punkten als Vorletzter und auf einem direkten Abstiegsplatz beenden. 1860-Trainer Benno Möhlmann war bedient vom Auftritt gegen seinen vorherigen Verein: "Wir haben viele junge Spieler, die nicht mit der Abgezocktheit dieser FSV-Mannschaft klargekommen sind", stellte er fest, "ohne Foul spielen zu wollen, haben sie Foul gegen sich bekommen. Da muss man sich gegen einen Gegner, der den Freistoß haben will, geschickter anstellen." Zu allem Überfluss wollten die Frankfurter einmal auch einen Elfmeter haben. Und der 20-jährige Innenverteidiger Sertan Yegenoglu stellte sich ungeschickt an, er berührte mit seiner Grätsche im Strafraum Besar Halimi. Dani Schahin verwandelte den viel diskutierten Foulelfmeter mit Glück (37.): 1860-Torwart Vitus Eicher hatte die Hände noch am Ball, konnte den Treffer aber nicht verhindern. "Ein bisschen ein Kontakt war da, er hat's schlau gemacht", gestand Yegenoglu. Möhlmann hatte also in der ersten Hälfte nicht nur "keine Aggressivität, kein Suchen der Zweikämpfe und einfache Ballverluste" gesehen, sondern auch "einen unnötigen Elfmeter zum Tor des Tages".

Der erfahrene Trainer hatte aus Personalnot eine der jüngsten Viererketten aufgeboten, die je in der zweiten Liga spielten. Er musste im Vergleich zum 4:4 in Paderborn beide Außenverteidiger ersetzen; für Richard Neudecker (gesperrt) spielte der genesene Maxi Wittek, 20, auf der linken Seite, rechts kam für den erkrankten Gary Kagelmacher in Emanuel Taffertshofer, ebenfalls 20, ein weiterer Nachwuchsspieler. Auf dem rechten offensiven Flügel spielte diesmal Fejsal Mulic von Beginn an. Die Frankfurter bestimmten zu Beginn das Geschehen, suchten immer wieder den Weg über die rechte Abwehrseite mit Taffertshofer und kamen zur ersten großen Möglichkeit. Nach einem Steilpass von Besar Halimi schoss Ehsan Haji Safi den Ball aus spitzem Winkel am entfernten Pfosten vorbei (13.). "Wir hatten diesmal in der ersten Halbzeit nicht den Zugriff wie in den letzten Wochen und waren nicht mit derselben Überzeugung auf dem Platz", stellte 1860-Mittelfeldspieler Daniel Adlung fest.

"Was die Basis war, haben wir diesmal nicht hinbekommen."

Die erste Möglichkeit des TSV hatte Michael Liendl in der 19. Minute aus dem Nichts, als er einer missglückten Kopfballrückgabe von Lukas Gugganig hinterherging; FSV-Torwart Andre Weis kam ihm gerade noch rechtzeitig entgegen. Die Szene war ein Weckruf, Sechzig wurde jetzt deutlich druckvoller. Mulic schoss auf Zuspiel von Taffertshofer aus der Drehung knapp über die Querlatte (24.), "Mulic, Mulic!" riefen die Fans, die den robusten Riesen offenkundig ins Herz geschlossen haben. Nach Flanke von Liendl prüfte Rubin Okotie Weis per Kopf (29.). Doch mitten in die kleine Drangphase traf der FSV.

Nach dem Seitenwechsel verlegte sich Frankfurt dann auf vielbeinige Defensive und vereinzelte Konter. Die Sechziger fanden kein Durchkommen, der FSV hatte die erste gefährliche Szene: Schahin erwischte Halimis Flanke mit der Fußspitze, Eicher klärte (59.). Möhlmann brachte kurz darauf Stefan Mugosa für Liendl und Nico Karger für Daylon Claasen; der 22-jährige Offensivspieler aus der Regionalliga-U23 gab sein Zweitliga-Debüt. Für mehr Durchschlagskraft sorgten die Neuen allerdings auch nicht. Ein Schuss von Daniel Adlung nach zu kurzer Kopfballabwehr strich über die Querlatte (66.), einen schwachen Kopfball von Mugosa fing Weis (70.), der auch einen direkten Freistoß von Adlung parierte (76.).

"In der zweiten Halbzeit haben wir uns robuster gezeigt und viel Ballbesitz", fand Möhlmann, "aber der letzte Pass kam nicht an."

Mulic, noch der überzeugendste Sechziger an diesem Abend, wurde kurz vor Schluss mit Applaus verabschiedet, für die letzten Minuten kam noch Korbinian Vollmann. Eine Chance besaßen die Löwen noch, aber Wittek schoss einen Freistoß in der Nachspielzeit direkt aufs Tor und in die Arme von Weis. "Wir wussten, dass es länger dauert, bis wir unten wegkommen", sagte Adlung. "Dass wir kein Spiel mehr verlieren, war unwahrscheinlich. Es sollte nur nicht allzu oft passieren."

© SZ vom 05.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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