Mario Gomez war der Frust deutlich anzuerkennen. Er marschierte nach der verlorenen Partie seines VfL Wolfsburg gegen den FC Augsburg aus der Kabine heraus zu den Reportern und schaute finster drein. Der 31-Jährige, der sich bei den Wolfsburgern inzwischen den Ruf des Mahners erarbeitet hatte, bezeichnete anschließend die pomadige Vorstellung schonungslos als "viel zu behäbig. Überheblich. Naiv." Doch das war erst der Anfang seiner aufgewühlten Rede.
Wie als Stürmer bei einem Abpraller vor dem Tor, setzte er dann auch vor den Mikrofonen nach. Denn nach zuletzt drei Siegen hätte sein Team am Samstagnachmittag "ein bisschen mit dem Arsch gewackelt und geglaubt, so gewinnen wir ein Bundesliga-Spiel", sagte Gomez, und nach seinem frühen Treffer (4.) "gedacht: 'Ach, geht schon.'" Aber so ging es gegen die aggressiven Augsburger eben nicht. "Wir haben gespielt wie eine Jugend-Mannschaft", sagte Gomez frustriert: "So gewinnen wir kein Spiel mehr."
Vom jüngsten Aufschwung in Wolfsburg war nach dieser 1:2 (1:1)-Niederlage keine Rede mehr. Die Wölfe hätten sich zu Hause aller Sorgen im Abstiegskampf entledigen können, doch dann traten die Niedersachsen schwerfällig und ohne Biss auf. "Wir haben das Gefühl, dass wir uns selbst geschlagen haben", sagte Trainer Valérien Ismael: "Den Befreiungsschlag haben wir verpasst, es wird eine zähe Angelegenheit bleiben." Vier Punkte Vorsprung hat der Tabellen-13. nur auf den Relegationsrang - von den Fans gab es dafür Pfiffe zum Abschied.
VfL-Torwart Benaglio verhilft Augsburgs Altintop zu Slapstick-Tor
Die Anhänger müssen diese Saison leiden wie lange nicht mehr. Wolfsburg kassierte im zehnten Heimspiel seine sechste Niederlage - das sind schon jetzt genauso viele wie in den vergangenen drei Spielzeiten zusammen. "Wir sind noch nicht so stabil, wie wir es uns wünschen", sagte Gomez. Nächste Woche geht es gegen die derzeit viel stärker einzuschätzenden Kölner.
Gegen die Augsburger stand sich Wolfsburg viel zu oft selbst im Weg, besonders der Ausgleich zum 1:1 passte ins Bild. Einen Rückpass von Luiz Gustavo konnte Diego Benaglio nicht kontrollieren, der Ball sprang an den Kopf von Halil Altintop, von da zunächst an die Latte, dann wieder auf den Kopf von Altintop und ins Tor (25.) - Slapstick in der Wolfsburger Arena. Die 24 811 Zuschauer wussten nicht, ob sie lachen oder weinen sollten. "Das 1:1 war ein Symbol für das Spiel", sagte Ismael. Dominik Kohr (69.) machte dann die Pleite perfekt.
Gomez wollte die Niederlage nicht überbewerten, forderte seine Kollegen aber auch auf, ja nicht wieder in alte Muster zu verfallen. "Wir müssen als Mannschaft verstehen, was wir können und was unsere Identität ist", sagte der Nationalspieler. Und das sei im Moment eben nicht die hohe Fußball-Kunst, sondern ehrliche Arbeit. "Die letzten drei Spiele hatten wir eine super Mentalität - und die hatten wir heute nicht", sagte Gomez. Sein Blick blieb böse.