Wolfgang Wolf:Himmelfahrt in der Heimat

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Mit der endgültigen Verbannung von Ciriaco Sforza aus dem Kader des 1. FC Kaiserslautern hat der neue Trainer Wolfgang Wolf beim abstiegsbedrohten Fußball-Bundesligisten gleich ein Machtwort gesprochen.

Tobias Schächter

Es war gewiss nicht hinderlich, dass Christoph Schickhardt die rechtlichen Angelegenheiten beider Parteien vertrat, als sich die Vertreter des 1.FC Kaiserslautern und Wolfgang Wolf, der Wunschkandidat für die Nachfolge des entlassenen Michael Henke, am Sonntag in Baden-Baden trafen. Mit von der Partie war auch René C. Jäggi, der nach der 1:3-Niederlage gegen Nürnberg seinen Rückzug vom Amt des Vorstandsvorsitzenden bekannt gegeben hatte. Zusammen mit dem Aufsichtratsvorsitzenden Walter Ruda und Sportmanager Olaf Marschall musste der Schweizer aber erst Überzeugungsarbeit leisten, um Wolf ein Engagement beim Tabellenletzten schmackhaft zu machen.

"Ich war nicht gleich überzeugt, eigentlich wollte ich noch ein paar Tage länger Urlaub machen", sagte Wolf am Dienstag, als er als vierter Trainer im Kalenderjahr 2005 den FCK übernahm. Am Montagnachmittag hatte Wolf erst noch seinen Vertrag mit dem 1. FC Nürnberg aufgelöst, wo er vor drei Wochen - ebenfalls auf den letzten Tabellenrang - gefeuert worden war; am Abend unterzeichnete er in der Pfalz einen bis 2008 laufenden Kontrakt, der auch für die zweite Liga gilt.

Mit der Verpflichtung Wolfs, der als Spieler 248-mal das Trikot des FCK in der Bundesliga getragen hat, kommt nun in höchster Not eine Integrationsfigur, hinter der möglichst alle Parteien des zerstrittenen Traditionsklubs stehen sollen. "Ich bin wieder zuhause", sagte Wolf, der in Tiefenthal nur 30 Kilometer vom Betzenberg entfernt geboren ist. Schon als Erik Gerets und Kurt Jara beim FCK gehen mussten, galt Wolf als Wunschkandidat Jäggis und war nur aufgrund laufender Verträge nicht zu einem Engagement bereit. Dass ein mögliches Scheitern bei diesem "Himmelfahrtskommando" (Wolf) all die schönen Erinnerungen an die guten, alten Zeiten überschatten könnten, weiß Wolf natürlich nur zu gut. Genau deshalb war er auch anfangs skeptisch gewesen.

"All die erwartungsfrohen Gesichter, in die ich bei meiner Ankunft geblickt habe, bedeuten natürlich auch Druck", sagte Wolf, bei dem sich am Ende aber doch das Helfersyndrom durchgesetzt hat, von dem so viele alte FCK-Spieler derzeit befallen sind. "Die Pfalz ist meine Heimat und Kaiserslautern mein Verein", sagte Wolf, der indes auf einen Assistenztrainer aus dem nächsten Umfeld bewusst verzichten will: "Die sind alle infiziert und sorgen mit ihren deplazierten Interviews nur für Unruhe", sagte Wolf und spielte wohl auf Mario Basler und Hans-Günther Neues an, die zuletzt Vereinschef Jäggi öffentlich diskreditiert hatten. Wolf sieht seine vordringlichste Aufgabe darin, den Verein zu einen und Ruhe in die Mannschaft zu bringen. "Deswegen", sagt Wolf , "bleibt auch die Akte Sforza geschlossen." Der 35-jährige Schweizer war vor vier Wochen suspendiert worden, nachdem er Klub-Boss Jäggi auf die Anti-Henke-Stimmung im Kader aufmerksam gemacht und den Rauschmiss des Trainers gefordert hatte. Sforza hatte sich wieder als Spieler ins Gespräch gebracht.

Fünf Tage ins Trainingslager

Wolf gab gestern bewusst eher den Schmalspurmessias: "Ich kann den Klassenerhalt nicht versprechen, aber ich werde versprechen, dass ich alles dafür geben werde." Wolf verkörpert alle Tugenden, die die aktuelle Elf seit Jahren vermissen lässt: Ehrlichkeit, Kampfgeist, Willensstärke, Mut. Mit Wolfs Verpflichtung geht der Wunsch nach Kontinuität und Integration einher, die dem FCK in den Turbulenzen der letzten Jahre abhanden gekommen ist. Bis zur Winterpause wolle er die Mannschaft beobachten und dann entscheiden, mit wem er den Klassenerhalt schaffen will.

Von nächsten Dienstag an wird Wolf die Elf bis zum Heimspiel gegen Frankfurt in einem Trainingslager zusammenziehen. Für das Auswärtsspiel am Wochenende darauf in Hannover sieht Wolf einen Vorteil darin, "den Klotz Betzenberg" nicht dabei zu haben. Eine markante Formulierung, aber sie stimmt: Die Mannschaft hat in den letzten Monaten alle Sympathien verspielt. Am Samstag gab es keine "Henke-Raus" Rufe, der Zorn richtete sich vor allem gegen die Spieler. Wolf sieht sich als Psychologe gefordert; "Versagensängste" will er abbauen und das Personal "stark reden".

Nach Jäggis angekündigtem Abgang wird bei einer Mitgliederversammlung am 14. Dezember nicht nur ein neuer Aufsichtrat gewählt werden. Dieser neue Aufsichtrat wird dann auch einen neuen Vorstandvorsitzenden bestimmen. "Natürlich ist das problematisch", sagt Wolf. Sportmanager Olaf Marschall, bislang wenig profiliert, soll nach Jäggis Rückzug mehr Verantwortung zukommen. Doch auch der Vertrag des ehemaligen Mittelstürmers läuft am Ende der Saison aus. Ob ein neuer Vorstandsvorsitzender mit Marschall weitermachen will?

Kaum angekommen, gilt Wolf in diesem instabilen Klub also schon jetzt als einziger Garant für Stabilität. Ob das für eine Aufbruchstimmung reicht, ist zweifelhaft. Der Kampf um Macht und Posten ist im Hintergrund längst entbrannt, und der Mannschaft trauen selbst eingefleischte Fans einen Mentalitätswechsel nicht zu.

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