WM-Qualifikation:Stolpersteine für die Großen

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Wenn die vermeintlichen Favoriten schwächeln: Otto Rehhagels griechische "Fußball-Götter" holte ausgerechnet dessen "Intimfeind" Hans-Peter Briegel auf die Erde zurück, Ex-Weltmeister Frankreich begann die Ära nach Zinedine Zidane mit einer peinlichen Nullnummer, und England offenbarte sein Torhüterproblem.

Die alten und neuen Fußball-Großmächte rutschten gleich zum Start der WM-Qualifikation böse aus.

Unsanft gelandet: Michael Owen und seine Mannschaftskollegen der drei Löwen schafften gegen Österreich nur ein 2:2 in der WM-Qualifikation. (Foto: Foto: AP)

Besonders hart traf es Europas Nummer eins. Nach der blamablen 1:2-Pleite in Tirana gegen den Außenseiter Albanien genau zwei Monate nach dem EM-Triumph verweigerte Griechenlands Euro-Held Rehhagel seinem Kontrahenten Briegel den Handschlag. "Er hat mir nicht zum Sieg gratuliert", berichtete die einstige "Walz aus der Pfalz". Vor sieben Jahren beim 1. FC Kaiserslautern waren der damalige Sportdirektor Briegel und Trainer Rehhagel aneinander geraten. Seitdem herrscht Funkstille.

Den Fehlstart in die WM-Qualifikation analysierte "Rehakles" nüchtern: "Wir haben zwei frühe Tore kassiert und konnten danach nicht mehr zurückkommen." Schon nach zehn Minuten lag der Europameister nach Treffern von Edvin Murati (2.) und dem Oberhausener Zweitliga-Profi Adrian Aliaj (10.) 0:2 zurück.

"Hellas" gelang nur noch das Anschlusstor durch Stelios Giannakopoulos (39.). "Die Griechen müssen lernen, dass sie kein x-beliebiger Gegner mehr sind. Sie sind Europameister und müssen dementsprechend auftreten", kommentierte Franz Beckenbauer die Pleite.

"Jetzt müssen wir die Niederlage gegen die Türkei wettmachen", forderte Rehhagel mit Blick auf das Heimspiel gegen den Erzrivalen, der nur 1:1 gegen Georgien spielte, am kommenden Mittwoch in Piräus. Briegel indes, der seit seiner Amtsübernahme vor fast zwei Jahren noch kein Heimspiel mit Albanien verloren hat, bremste die Euphorie: "Wir sollten die Füße fest auf dem Boden behalten. Wir spielen gut gegen große Mannschaften, aber nicht so gut gegen andere." Deshalb wäre Briegel zufrieden, wenn der Tabellenführer der Gruppe zwei am Mittwoch in Tiflis gegen Georgien einen Punkt holt.

Viel zu wenig war ein Zähler für den ehemaligen Welt- und Europameister Frankreich, der in Spiel eins nach Zidane gegen Israel nicht über ein 0:0 hinauskam. "Die Blauen stürzen in einen Ozean voller Ungewissheit", urteilte die Tageszeitung Ouest France.

Frankreich zweifelt

Die Zweifel, die seit der Euro bestehen, seien nicht ausgeräumt worden. Ohne die Altstars Zidane, Marcel Desailly, Bixente Lizarazu und Lilian Thuram, die nach der EM ihren Rücktritt erklärt hatten, fehlte den "Blauen" gegen den krassen Außenseiter der Glanz vergangener Tage. "Es gab genügend Möglichkeiten zum 1:0", meinte der neue Trainer Raymond Domenech, der zwangsläufig auf die Jugend setzt: "Ich kann den Spielern nicht den Vorwurf machen, sie hätten nicht gekämpft oder keinen Einsatz gezeigt." Claude Makelele, einer der wenigen verbleibenden Routiniers, bat die Fans um Geduld: "Wir haben sehr, sehr viele junge Spieler. Man muss die positiven Seiten sehen."

Etwas Positives zu finden, fiel Englands Teammanager Sven-Göran Eriksson nach dem 2:2 in Österreich schwer. "Das ist sehr enttäuschend", meinte der Schwede, nachdem sein Team einen 2: 0-Vorsprung durch Tore von Frank Lampard (24.) und Steven Gerrard (64.) in der Schlussphase noch verspielte. Nach dem 1:2 durch Roland Kollmann (71.) ließ Manchester Citys Torhüter David James nach einem Weitschuss von Andreas Ivanschitz den Ball unter dem Körper hindurchrutschen (73.).

Neuer Aussetzer von "Calamity James"

Trotz des Fauxpas von "Calamity James" will Eriksson an seinem Keeper auch im zweiten Qualifikationsspiel am Mittwoch in Chorzow gegen Polen, nach dem 3:0 in Nordirland Tabellenführer der Gruppe sechs, festhalten. "Ich bin sicher, dass er dann wieder spielen wird", sagte der Schwede, der bei einer Niederlage in Polen zum ersten Mal unter erheblichen Druck geraten würde: "Dieses Spiel ist jetzt natürlich viel wichtiger für uns, als wenn wir gegen Österreich gewonnen hätten."

Italiens neuem Coach Marcello Lippi blieb ein Fehlstart erspart: Ausgerechnet Lokalmatador Luca Toni rettete der "Squaddra Azzurra" in Palermo zehn Minuten vor Schluss einen 2:1-Sieg gegen Norwegen. Der Stürmer des heimischen Aufsteigers US Palermo war erst sechs Minuten zuvor eingewechselt worden. Nach dem frühen Rückstand durch John Carew nach 42 Sekunden hatte der starke Debütant Daniele De Rossi den Ausgleich erzielt (4.).

Lippis Jugendstil erfolgreich

Für seinen Jugendstil erhielt Lippi, der auf die etablierten Francesco Totti, Christian Vieri und Alessandro Del Piero verzichten musste, viel Lob. "Schön und jung - die italienische Nationalmannschaft zeigt, was sie kann", urteilte Gazzetta dello Sport. Und Corriere dello Sport hatte einen "überzeugenden Start Lippis" gesehen.

Einen Rückschlag musste indes Lothar Matthäus mit Ungarn einstecken. Nach den prestigeträchtigen Siegen gegen Deutschland (2: 0) und Schottland mit dem Ex-Bundestrainer Berti Vogts (3:0) verloren die Magyaren in Zagreb gegen Kroatien 0:3. Der Bremer Ivan Klasnic sorgte mit dem 2:0 in der 57. Minute für die Entscheidung.

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