WM im Freiwasser-Schwimmen:Schneller als der Schrecken

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Medaille Nummer zwei: Rob Muffels aus Magdeburg (Erster v.l., dann Sören Meißner, Sarah Köhler und Lea Boy) befindet sich im Formhoch. (Foto: Gwangju2019 Organizing Committee/dpa)

Beim Sieg der Mixed-Staffel gewinnt Rob Muffels seine zweite Medaille.

Von Saskia Aleythe, Gwangju/München

Als Sportler kann man nie wissen, wann einen der größte Tag ereilt. Rob Muffels hat sich vor fünf Jahren schon einmal einen Traum erfüllt: Bei der Europameisterschaft 2014 in Berlin kam der damals 19-Jährige nicht nur zu seiner ersten Silbermedaille bei den Erwachsenen, über fünf Kilometer schlug er auch noch vor Thomas Lurz an, dem weltbesten Freiwasserschwimmer. "Seitdem ich Freiwasser schwimme, habe ich davon geträumt, mit Thomas bei einer internationalen Meisterschaft gemeinsam auf dem Treppchen zu stehen", sagte Muffels damals, "er ist mein Idol." Und nun hat er schon wieder eins bezwungen.

Als Muffels am Donnerstag aus dem Hafenbecken in Yeosu in Südkorea stieg, konnte er einen Erfolg feiern, der mehr wert ist als die EM-Plakette von damals: Als Schlussmann der 4 x 1,25 km-Mixed-Staffel war Muffels zu Gold geschwommen und kann sich jetzt wieder Weltmeister nennen. 2015 hatte er schon mal im Team den WM-Titel errungen. Zusammen mit Lea Boy, Sarah Köhler und Sören Meißner war er nun schneller als die Staffeln aus Italien und den USA. Und im Schlussspurt nach 53:58,7 Minuten hängte er jemanden ab, der für ihn lange Jahre Schrecken und Vorbild zugleich war: Gregorio Paltrinieri, der Olympiasieger über 1500 Meter. "Das werde ich in meine Biografie schreiben", sagte Muffels, nachdem er mit Mixed-Gold schon seine zweite WM-Medaille in Südkorea geholt hatte. Schon über zehn Kilometer war er hinter Goldgewinner und Trainingskollege Florian Wellbrock auf den Bronze-Rang geschwommen.

Mit 16 Jahren begegnete Muffels Paltrinieri schon einmal bei einem Meeting in Rom, damals schwamm der Deutsche auch noch im Becken. "Er war über 1500 Meter über eine Minute schneller als ich - und mein Jahrgang", erinnerte sich Muffels, "da habe ich gedacht: Verdammt, ich bleibe im Freiwasser."

Dass viele Wege zu Schwimm-Medaillen führen können, hat der Deutsche nun erneut bewiesen. 2015 hatte er neben Team-Gold auch Silber über fünf Kilometer gewonnen, nun kamen zwei weitere Auszeichnungen hinzu. "Das ist absolut unerwartet, dass es hier so gut ausgeht", sagte er und meinte damit auch die gesamte Bilanz der Deutschen: Mit Wellbrocks Gold und Muffels' Bronze über zehn Kilometer und der Bronze-Medaille von Leonie Beck über fünf Kilometer ist die Ausbeute der Freiwasser-Schwimmer glänzend. "Ich denke, das gibt auch Aufschwung für unsere Beckenschwimmer", sagte Muffels.

Startschwimmerin Lea Boy beging mit 19 Jahren ihr WM-Debüt, sie erfüllte ihre Aufgabe trotz großer Nervosität tadellos, übergab als Fünfte auf Sarah Köhler, die bei der EM in Glasgow im vergangenen August Silber über 1500 Meter gewonnen hatte und auch zwei Staffel-Plaketten holte. Bei hohem Wellengang musste sie gegen viele männliche Konkurrenten anschwimmen und wechselte mit 36 Sekunden Rückstand auf Sören Meißner. Der 29-Jährige schwamm die Lücke zu und führte Deutschland an die Spitze. "Die drei vor mir haben einen super Job gemacht", sagte Muffels, "ich hatte nur die Aufgabe, den Italiener zu halten und im Endspurt dann vorbeizugehen." Tatsächlich musste er auch gegen die USA ankämpfen, zu dritt ging es auf die letzten Meter, die der Deutsche mit 0,2 Sekunden für sich entschied. "Gegen beide noch den Endspurt zu gewinnen, das war sehr geil", sagte Muffels im ZDF und japste.

Und WM-Debütantin Boy schien gleichsam gerührt wie glücklich zu sein: "Es ist überwältigend. Eine Ehre, mit den Dreien hier schwimmen zu dürfen." Freiwasser-Bundestrainer Stefan Lurz, Bruder des 2015 zurückgetretenen Thomas Lurz, beschrieb seine Glücksgefühle so: "Die ganze Woche ist ein Wahnsinn!". 2017 waren die Freiwasser-Schwimmer ohne Medaille nach Hause gekehrt. Der Mixed-Staffel gab er eine "Note 1 mit Stern". Was für die Zukunft zudem Hoffnung macht: Für das einzige olympische Rennen - die zehn Kilometer - ergatterte Deutschland vier Startplätze für Tokio. "Ich hoffe, dass wir den Aufschwung jetzt bis Tokio mitnehmen", sagte Lurz. Die Chance auf weitere große Momente ist auf jeden Fall gegeben.

© SZ vom 19.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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