WM-Absage:Das Ende einer rundum verkorksten Saison

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Kaum hat Jan Ullrich auch das Straßenrennen bei den Weltmeisterschaften abgesagt, macht sein Betreuer schon vollmundige Versprechen für 2005.

Die Saison 2004 endet für Jan Ullrich so, wie sie verlaufen ist: enttäuschend. Am Mittwoch sagte der an einer "viralen Magen- und Darminfektion" erkrankte Olympiasieger von Sydney - so die Diagnose der behandelnden Ärzte - auch das am Sonntag in Verona stattfindende WM-Straßenrennen ab.

Am Montag hatte Ullrich, der nach seiner Olympia-Pleite wieder in Form gekommen war, bereits das WM-Zeitfahren in Bardolino absagen müssen.

"Die Erkrankung erwies sich als zu hartnäckig. In seinem geschwächten Zustand kann er kein 265 Kilometer langes Rennen bestreiten", teilte am Mittwoch Professor Andreas Schmid von der Uni-Klinik Freiburg mit.

Ullrich litt seit Beginn der Woche unter Erbrechen und Durchfall. Markus Fothen (Kaarst) vom Team Gerolsteiner ersetzt den T-Mobile-Kapitän am Sonntag im zwölfköpfigen deutschen WM-Aufgebot.

Die Hoffnung auf schnelle Genesung erfüllte sich für Jan Ullrich nicht. "Am Mittwoch wollte er wieder trainieren. Da ist er eine Treppe raufgegangen und fühlte sich oben wieder schwach", sagte sein persönlicher Betreuer Rudi Pevenage. "In einer solchen Verfassung kann man kein 265 Kilometer langes WM-Rennen bestreiten."

Bei der Bewertung der enttäuschend verlaufenen Saison, in der Ullrich fünf Siege landete, und darunter den Gesamtsieg bei der Tour de Suisse als wertvollsten werten konnte, hielt sich Pevenage zurück: "Es wäre zu hart zu sagen, 2004 war seine schlechteste Saison nach 2002." Vor zwei Jahren konnte Ullrich wegen einer Knie-Verletzung und einer Dopingsperre nur ein Rennen im Januar bestreiten.

In diesem Jahr brachte es der 30-Jährige immerhin auf rund drei Wettkampf-Monate. Im Juli blieb ihm nur Rang vier bei der Tour de France hinter Rekordsieger Lance Armstrong. Eine Bronchitis hatte ihn gehandicapt.

Die Olympischen Spiele verpatzte er mit Rang 19 im Straßenrennen und Platz sieben in seiner Spezial-Disziplin, dem Zeitfahren. Die WM hätte ihm Gelegenheit zur Rehabilitation gegeben, aber wieder machte ihm die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung. Die Gazzetta dello Sport nannte ihn nach seiner Absage des Titelrennens im Zeitfahren den "zerbrechlichen Kaiser".

2005 soll alles besser werden. Schon jetzt gibt es - alle Jahre wieder - zahlreiche Versprechungen. "Unser Ziel ist noch ein Mal der Toursieg. Ich weiß, dass er es schaffen kann", sagte Pevenage, der sich in der kommenden Wochen mit Ullrich zusammensetzen und den Aufbau der kommenden Saison planen wird.

"Im Oktober geht er mit seiner Familie in Urlaub, ab November soll er mit leichtem Training ohne Rad beginnen. Im Dezember fährt er vielleicht mit einer T-Mobile-Trainingsgruppe zur Vorbereitung nach Südafrika", kündigte Pevenage an.

Zuversicht habe er aus der Tatsache geschöpft, "dass Jan nach den bitteren Stunden von Athen den Trainingsplan für die WM konsequent umgesetzt und sehr hart trainiert hat".

Coast muss Ullrich fast 1,5 Millionen Euro nachzahlen

In finanzieller Hinsicht hat Ullrich zur Zeit mehr Glück. Eine Entscheidung der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg konnte ihn am Mittwoch wenigstens ein bisschen trösten.

Der frühere Chef des Coast-Radrennstalls, Günther Dahms, muss Ullrich rund 1,46 Millionen Euro zuzüglich Zinsen an entgangenen Honoraren und Schadensersatz zahlen, sagte ein Gerichtssprecher am Mittwoch. Da aber eine Berufung möglich sei und die Solvenz von Dahms wohl anzuzweifeln ist, könnte es mit dem erwarteten Geldfluss doch schwierig werden.

Auch aus seinem Fünf-Monats-Engagement bei Bianchi aus dem Jahr 2003 hat Ullrich noch Forderungen. Glück für den "Sportler des Jahres", dass seine Popularität ungebrochen scheint, und dass die Sponsoren weiter zu ihm halten - an erster Stelle Ullrichs Arbeitgeber T-Mobile, der ihm mit jährlich 2,5 Millionen Euro nach wie vor mehr bezahlt als seinen Teamkollegen.

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