Winterspiele:Gold für Zweierbob

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Andre Lange und Kevin Kuske haben im Schneetreiben von Cesana den Durchblick behalten und die Goldmedaille im Zweierbob gewonnen. Trotz einer spektakulären Panne.

Auf sechs Hundertselsekunden war der Vorsprung von Lange/Kuske im zweiten Durchgang zusammengeschmolzen, aber Pilot Lange behielt im dritten und vierten Durchgang die Nerven und fuhr trotz widriger Bedingungen weitere 15 Hundertstel Vorsprung heraus.

"Ich bin überglücklich über die zweite Goldmedaille nach 2002. Das war der gleiche Schnee wie in Salt Lake City", kommentierte Kuske, der nach der Zieldurchfahrt von Lange mit den Worte empfangen: "Wer sagts denn?!" Im Lager einiger anderer Teams wurde indes über das Material von Lange diskutiert, angeblich sogar ein Protest erwogen. Die Kontrolleure des Weltverbandes FIBT hatten allerdings alle Schlitten im Vorfeld genau untersucht - und keine Beanstandungen.

Matthias Höpfner/Marc Kühne aus Riesa verfehlten bei ihrer Olympia-Premiere als Fünfte das erhoffte Bronze um 0,52 Sekunden. Stattdessen sicherte sich der Schweizer Martin Annen die bronzene Plakette. "Ich habe bei der Hälfte nichts mehr gesehen", fluchte der 30-jährige Höpfner, "ich muss am Ende zufrieden sein. In vier Jahren greifen ich wieder an." Dicke Schneeflocken prasselten bei über 130 Kilometer pro Stunde auf die Visiere und behinderten die Sicht, es wurde sogar über einen Abbruch nach drei Läufen debattiert.

Gleichgewicht verloren

Bei Halbzeit hatte Lange nur sechs Hundertstel Vorsprung. Im ersten Lauf war noch alles nach Plan gelaufen: Der Topfavorit fuhr in 55,28 Sekunden Bahnrekord und war gleich 0,26 Sekunden schneller als die zeitgleichen Martin Annen (Schweiz) und Alexander Subkow (Russland).

Im zweiten Durchgang passierte dann aber ein Malheur: Kuske fasste kurz nach dem Start beim Umgreifen an der Seitenwand ins Leere und verlor dadurch das Gleichgewicht. Mit Müh und Not hangelte er sich noch in den Bob. Mit den vier Millimeter langen Spikes ritzte er sich eine blutende Wunde in die linke Wade. Hätte der 27-Jährige nicht mehr den Sprung in den Bob geschafft, wäre die Disqualifikation des deutschen Paradebobs unvermeidbar gewesen.

"Natürlich hat Andre die Probleme bemerkt, ich bin mit meinem Helm auf ihn draufgestoßen", berichtete Kuske: "Aber Bärchen ist ganz cool runter gefahren, da muss ich ihm ein Kompliment machen." Trotz des nervenstark steuernden Lange lag Nagano-Olympiasieger Lueders nach Bestzeit nur hauchdünn zurück, Annen hatte zwei Zehntel Abstand.

Glücklicherweise erlitt 108-kg-Mann Kuske keine ernsthafte Verletzung. "Es sah schlimmer aus als es ist. Es ist eine oberflächliche Schürfwunde an der linken Wade, die wurde ordnungsgemäß desinfiziert und verbunden", gab Verbandsarzt Walter Hubmann am Morgen Entwarnung. Beim Rennen verzichtete Modellathlet Kuske dann sogar auf einen Verband.

Bis nach Mitternacht wurden im Privatquartier in Cesana noch einmal die Kufen geschliffen. Dafür schliefen sich Lange und Kuske dann bis gegen 9.00 Uhr aus. Nach den vier Läufen durch die 1435 Meter lange Eisröhre mit 19 Kurven gab es dann ein Happyend. Lange blieb mit seinem Wunderbob aus der Berliner FES-Materialschmiede plus Olympiasieger Kuske auch im wichtigsten Rennen des Winters ungeschlagen. Die Viererbob-Konkurrenz geht am Freitag und Samstag über die Bühne.

Für den angepeilten Erfolg war selbst Cheftrainer Raimund Bethge rund zweieinhalb Monate nach seinem schlimmen Unfall auf der Olympiapiste an den Unglücksort zurückgekehrt, um "meine Athleten zu unterstützen". Trotz Schmerzen stand der 58-Jährige schon ohne Krücken am Eiskanal und analysierte die Fahrten. Der Erfolgscoach meinte: "Man hat es einmal mehr gesehen: erst nach vier Läufen ist das Rennen aus und es kann viel passieren. Alle, die vorher an einen sicheren Sieg geglaubt haben, sind eines Besseren belehrt worden."

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