Wettskandal:Das Stühlerücken

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Nach der Festnahme Robert Hoyzers trifft der DFB im Zuge der Wettaffäre erste Konsequenzen: Referee Torsten Koop wurde abgesetzt. Und auch die Tage von Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder scheinen gezählt.

Von Thomas Kistner

Robert Hoyzer sitzt in Untersuchungshaft, der ehemalige Schiedsrichter wurde Samstag in seiner Berliner Wohnung festgenommen. Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge zufolge zeigten neue Ermittlungen, dass Hoyzer bisher nicht alles erzählt habe. Karge bezog dies explizit auf einen Bericht der Süddeutschen Zeitung ("Erste Offerte kam nicht von Kroaten"/10. Februar), in dem Hoyzer einen weiteren Manipulationsversuch im November 2003 beim Regionalliga-Spiel Chemnitz - Sachsen Leipzig (1:1) eingestand, an dem er sich zwar nicht beteiligt haben will, aber trotzdem 500 Euro aufs Konto erhalten hatte.

Laut Karge besteht der Verdacht, dass Hoyzer zusätzlich zu den Straftaten mit den inhaftierten drei kroatischen Brüdern bereits vor 2004 mit bisher unbekannten Mittätern Delikte gleicher Art begangen hat. Hoyzer müsse mit einer "empfindlichen Freiheitsstrafe" rechnen, so Karge.

Derweil trifft der Deutsche Fußball-Bund (DFB) erste Konsequenzen. Schiedsrichter Torsten Koop wird kein Bundesliga-Spiel mehr pfeifen, der Erstliga-Referee wurde am Freitagabend wegen eines von ihm nicht gemeldeten Anwerbungsversuches durch Hoyzer aus dem Kader verbannt. Zwar soll der Anwerbungsversuch Anfang 2005 vergeblich gewesen sein, doch Schiedsrichter-Sprecher Manfred Amerell erklärte, dass "das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört" sei.

Über Manipulation gesprochen

Als unentschuldbar empfindet der Spielleiter-Ausschuss, dass Koop es trotz einer Sondersitzung am 27. Januar, bei der alle Schiedsrichter geladen und angewiesen worden waren, kleinste Hinweise bezüglich der Hoyzerschen Umtriebe mitzuteilen, diesen schwerwiegenden Vorfall nicht gemeldet hatte. Formal soll heute bestätigt werden, was Amerell so festhielt: "Wenn ein Schiedsrichter auf diesem Niveau pfeift und angesichts der Brisanz des Falles Hoyzer nicht in der Lage ist, ein solches Angebot als ernst zu betrachten oder wenigstens zu melden, dann kann ich im Namen des Schiedsrichter-Ausschusses nur erklären, dass dieser Schiedsrichter ab sofort im Lizenzfußball nichts zu suchen hat."

Koops Verhalten wirft allerlei Fragen auf. So hatte er erst vergangenen Dienstag auf eine telefonische SZ-Anfrage (ob er im Vorjahr von Hoyzer im Beisein der Schiedsrichterkollegen Felix Zwayer und Torsten Koop auf Manipulation angesprochen worden sei) erklärt, er sei niemals in dieser Runde zusammengetroffen, auch habe er nie von Manipulation gehört und insbesondere mit Hoyzer nie darüber gesprochen.

Er habe seit seiner Achillessehnenverletzung im August 2004 kaum noch Kontakt zu den Kollegen gehabt (SZ vom 9. Februar). Am Donnerstag, bei Koops Einvernahme in der Frankfurter DFB-Zentrale, herrschte dann helles Entsetzen: Der 39-Jährige aus Lüttenmark räumte ein, dass ihn Hoyzer und ein weiterer Kollege bei einer Schiedsrichter-Tagung zu Jahresanfang auf dem Hotelzimmer besucht und über Manipulationen gesprochen hätten.

Er hätte den Vorfall aber für "Prahlerei" gehalten und deshalb nicht gemeldet. Ähnlich dünn fiel Koops Erklärung auf eine neuerliche SZ-Anfrage am Freitag aus. Da erklärte er sein Dementi von Dienstag so, dass er nach einem Treff im Vorjahr gefragt worden sei, dieses habe aber erst 2005 stattgefunden. Auch sei Kollege Zwayer nicht dabei gewesen. Damit bestätigte Koop indirekt, dass es sich bei Hoyzers Begleiter um Marks gehandelt habe.

Auch dieser Zweitliga-Referee gehört zu den von Beschuldigten, er soll für zwei Spielmanipulationen insgesamt 36000 Euro kassiert haben. Marks, der für Fragen seit Tagen nicht erreichbar ist, stritt bisher alle Vorwürfe ab. Karge kündigte eine baldige Vernehmung an.

Eine Entmachtung bahnt sich überdies in der DFB-Chefetage an. Am Sonntag installierte das Präsidium ein vierköpfiges Gremium, um schnelle Beschlüsse im Wettskandal treffen zu können. Pikanterweise gehört DFB-Boss Gerhard Mayer-Vorfelder (MV) diesem Quartett nicht an, das von seinem geschäftsführenden Co-Präsidenten Theo Zwanziger, Liga-Chef Hackmann, Schatzmeister Schmidhuber sowie DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt gebildet wird. Damit wird die Personalie MV erstmals als DFB-internes Krisenthema erkennbar.

"Eine Reihe von Pannen"

Das Klima in der Verbandsführung hatte sich im Zuge der Affäre stark eingetrübt. Am Freitag hatte Zwanziger gar eingeräumt, dass es im Wettskandals "eine ganze Reihe von Pannen" zwischen DFB und dem Wettanbieter Oddset gegeben habe. Indes hatte MV erst Tage zuvor Oddset allein die Schuld an den Weiterungen der seit August 2004 bekannten Hoyzer-Affäre gegeben und die Verhinderung von DFB-Ermittlungen angelastet.

Er hatte auch angezweifelt, ob Oddset jemals die Kriminalpolizei eingeschaltet habe. Für Zwanziger besteht indes "kein Zweifel, dass Oddset die Kripo eingeschaltet hat". Gerügt wird im DFB auch MV's seltsamer Auftritt in der Talksendung Christiansen vor zwei Wochen. Dort hatte der bald 72-Jährige wie bisher stets den Eindruck erweckt, schlecht informiert zu sein.

© Süddeutsche Zeitung vom 14.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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