Weltreiterspiele in den USA:Alptraumnote

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Zweiter Titel: Isabell Werth gewinnt mit Bella Rose den Grand Prix Special, ein dritter Erfolg ist wegen falschen Krisenmanagements nicht möglich. (Foto: Stefan Lafrentz/imago)

Werth holt Gold, Klimke führt in der Vielseitigkeit, doch ist der Zorn bei den Reiterspielen groß: Die Teamchefs zürnen über das Versagen des Veranstalters.

Von Gabriele Pochhammer, Tryon

Es war der bitterste Moment für Mark Bellissimo. "Wir vertrauen Ihnen nicht mehr" - das war die klare Aussage der Dressur-Equipechefs gegenüber dem Selfmade-Milliardär. Der hatte in Tryon im US-Bundesstaat North Carolina mit den Weltreiterspielen seinen amerikanischen Traum verwirklichen wollen, er lieferte aber ein organisatorisches Chaos ab, dem der Tropensturm Florence noch den Rest gab.

Noch immer gleicht das Gelände einer Riesenbaustelle, werkeln Bagger und Trecker an allen Enden und stapelt sich der Bauschutt. Die Teamchefs trauten Bellissimo nicht mal mehr zu, den Reitern und ihrer Entourage Flüge nach Hause zu besorgen. Bellissimo hatte angeboten, Ausweichflüge für Dienstag statt Montag zu organisieren. Er hatte die Reiter fast angefleht zu bleiben, die Kür zu reiten, die dritte Dressurentscheidung, die der Höhepunkt auf dem Viereck sein sollte. Sie sollte wie auch das Vielseitigkeitsspringen wegen der zu erwartenden Regenfluten als Folge von Florence um einen Tag verschoben werden. Doch schon der gebuchte Rückflug der Pferde am Montagabend konnte nicht verlegt werden, wie das Transportunternehmen klarstellte. Und die Pferde wenige Stunden nach einer körperlichen Höchstanstrengung wie einer Kürprüfung in den Flieger zu verladen, davon rieten die Tierärzte dringend ab. "Das werden wir auf keinen Fall riskieren", sagte Klaus Röser, Equipechef der deutschen Dressurreiter. Nach Rösers Ansicht hätte man mit einer etwas flexibleren Organisation die Kür retten können, etwa sie zeitgleich mit dem Geländeritt der Vielseitigkeit in eines der Stadien verlegen, also einen Tag vorziehen können. So wurde sie komplett abgesagt. Die ersten, die die Turnierkisten packten, waren Bellissimos eigene Landsleute.

Nach dem Ritt ins Flugzeug? Die Tierärzte sagten Nein

Mit der Absage der Dressurkür war auch die Chance für Isabell Werth dahin, ihren Siegen im Grand Prix und Grand Prix Special einen dritten hinzuzufügen. Sie verlässt Tryon ungeschlagen mit zwei Goldmedaillen im Gepäck, einen für die deutsche Mannschaft, eine zweite im Grand Prix Special, das neunte WM-Gold für die 49-jährige. Wieder konnte sie ihre elegante Fuchsstute Bella Rose zu Höchstleistungen animieren, vor allem in den Piaffen und Passagen. Insgesamt 41 Mal zückten die Richter die Bestnote zehn. Mit 86,246 Prozent setzte sie sich mit fast fünf Prozent Abstand vor die US-Reiterin Laura Graves auf Verdades (81,717) und die britische Dreifach-Olympiasiegerin Charlotte Dujardin, deren erst neunjährige Stute Freestyle in Tryon eine vielversprechende internationale Karriere begann (81,419). Sönke Rothenberger auf Cosmos wurde nach einer durch Fehler belasteten Vorstellung Vierter.

Der letzte Reiter in der Vielseitigkeit bekam die ersten Regentropfen ab, Ingrid Klimke hatte es mit Hale Bob noch im Trockenen geschafft, sich an die Spitze des Feldes zu setzen. Der 14-jährige Braune flog über die grüne Piste, hatte mit keinem der 26 Hindernisse ein Problem und konnte bei der langen Bergaufstrecke zum Schluss sogar noch zulegen. "Er war so frisch am Ziel, ich musste ihn noch festhalten", sagte Klimke. Sie blieb exakt in der Bestzeit von zehn Minuten, was außer ihr noch zehn weiteren Reitern gelang, mehr als erwartet. Kein Pferd stürzte, sechs Reiter fielen aus dem Sattel, konnten aber unverletzt den Platz verlassen. Nicht optimal lief es für Klimkes Teamkollegen. Andreas Dibowski auf Corrida und Kai Rüder auf Colani Sunrise liegen mit Zeitfehlern auf Platz 39 und 45. Dressursiegerin Julia Krajewski auf Chipmonk (47.) kassierte eine Verweigerung.

Das deutsche Team rangiert nun mit 114,20 Punkten auf Rang sechs, das würde gerade noch für das Minimalziel, die Olympiaqualifikation reichen, ist aber weit von den Medaillenrängen entfernt. "Wir sind schon sehr enttäuscht. Wir hatten uns hier wirklich was vorgenommen," sagte Bundestrainer Hans Melzer. In Führung liegen die Briten (80,80) vor den Iren (89,00) und den Franzosen (91,80). Aber für Ingrid Klimke liegt der erste WM-Einzeltitel bereit. Sie muss ihn sich Montag nur noch abholen.

© SZ vom 17.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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