Weltmeisterschaft 2006:WM der Konzerne

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Die Fifa will die Städte daran hindern, Großleinwände zu organisieren. Franz Beckenbauers Wunsch, "das ganze Land soll zuschauen", könnte somit zu einem unmöglichen Unterfangen werden.

Von Klaus Ott

Franz Beckenbauer war wieder einmal "froh und glücklich" darüber, wie es ihm gelingt, die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 vorzubereiten. Erst durfte der Präsident des Organisationskomitees (OK) in jenem Zug nach Berlin fahren, mit dem die Helden von Bern nach dem WM-Gewinn vor 50 Jahren zurück in die Heimat gereist waren, um sich feiern zu lassen. Und dann konnte der OK-Chef den letzten Geldgeber vorstellen, die Deutsche Bahn.

Leinwände für alle WM-Städte ja, Kosten von Strom bis Wachpersonal zahlen nein, sagt die Fifa. (Foto: Foto: ddp)

Nun sind die 21 Konzerne komplett, die als nationale und internationale Sponsoren das Großereignis mit Millionensummen unterstützen und dafür exklusive Werberechte in den Stadien und bei allen offiziellen Veranstaltungen erhalten.

"Das Land soll zuschauen"

Für Beckenbauer ist das ja schön und gut, aber für andere Partner erwächst daraus ein Problem, das vielen Fans die WM vermiesen könnte. Weil die 3,2 Millionen Tickets für die Stadien schnell vergriffen sein dürften, sollen die Städte landauf, landab Großleinwände aufstellen, auf denen alle 64 Spiele zu sehen sind. "Wir wollen dieses Gemeinschaftsgefühl", sagt der OK-Chef. "Das ganze Land soll zuschauen."

Das wünschen auch Bundesinnenminister Otto Schily und die Sportminister der Bundesländer; und die Kommunen sowieso. Letztere fühlen sich indes überfordert, solche Leinwände mit einem ansprechenden Rahmenprogramm zu finanzieren.

Hilfe erhoffen sich die Städte von Beckenbauers OK und vom Weltverband Fifa, doch deren Unterstützung fällt bescheiden aus und ist mit so vielen Auflagen versehen, dass statt der Vor- die Nachteile überwiegen. OK und Fifa sind bereit, in jenen zwölf Metropolen, in denen die Stadien stehen, je eine Großleinwand mit Bühne und Technik zu finanzieren. Das wären bis zu 700 000 Euro pro Ort, aufgebracht von den Top-Sponsoren von Fifa und OK.

Alle anderen Kosten für Strom, Wasser, Toiletten, Reinigung oder Wachpersonal müssten die zwölf WM-Orte selbst übernehmen. Bei vier Wochen und zehntausenden von Besuchern fallen hohe Ausgaben an. In Berlin rechnet man mit insgesamt bis zu 2,5 Millionen Euro am Brandenburger Tor.

"Wir tragen ohnehin schon die Hauptlast der WM", klagt Sportreferent Niclas Stucke vom Deutschen Städtetag, der sich dort um die WM kümmert. Stucke verweist auf die hohen Investitionen in die Arenen oder neue Straßen. "Es würde unsere Etats sprengen, darüber hinaus noch Großveranstaltungen mit Großleinwänden zu finanzieren."

Einspringen könnten örtliche Betriebe als regionale Werbepartner. Doch die heimische Wirtschaft darf laut Vorschriften der Fifa (und zum Schutze von deren Sponsoren) nur abseits der Bühnen in einem angrenzendem Bereich ("Fan Area") auftreten.

Das gilt auch nur für solche Unternehmen, die keine Konkurrenten der offiziellen Geldgeber sind. Da diese wiederum fast alle Branchen abdecken (Essen, Getränke, Autos und vieles mehr), sind den Bürgermeistern eigentlich die Hände gebunden.

"Unter diesen Umständen haben wir große Probleme, eigene Sponsoren zu finden und Großleinwände zu bezahlen", kritisiert Stucke. "Wir erwarten von der Fifa eine deutliche Liberalisierung der bisherigen Marketingregeln für Großleinwände", sagt Jürgen Kießling, Sportamtschef in Berlin und Sprecher der zwölf WM-Städte.

Dabei wären diese Orte ohnehin noch gut dran. Sie erhielten Hilfe im Wert von 700 000 Euro und bekämen die Fernsehbilder umsonst. Die anderen Kommunen sollen alles selbst organisieren - und für die Übertragungen oftmals auch noch zahlen.

Die TV-Rechte für die WM gehören der Schweizer Sportagentur Infront mit Frontmann Günter Netzer. Die Agentur hat 56 der 64 Spiele für gut 250 Millionen Euro an ARD, ZDF und RTL verkauft und will alle Begegnungen auch dem Abosender Premiere zur Ausstrahlung im Pay TV überlassen. Außerdem soll Premiere die Bilder für die Großleinwände liefern und für Infront pro Bühne bis zu 50 000 Euro kassieren. Je nachdem, wie groß und wie kommerziell das aufgezogen wird, mit Würstchen-Buden und Souvenir-Ständen.

Pläne mit Premiere

Die Städte würden aber lieber, wie vor einem Monat mit einem Abgesandten der ARD besprochen, mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen kooperieren und dessen Programme auf den Leinwänden zeigen; den ganzen Tag.

Man sei gerne zu einer umfangreichen Zusammenarbeit bereit, sagte der ARD-Emissär. Aber nur dann, wenn man selbst die Spiele auf den Leinwänden übertrage, ohne Entgelt, und die Bilder nicht von Premiere kämen. Am Donnerstag wollen sich Sportmanager von ARD und ZDF in München mit der Infront-Geschäftsführung treffen und gegen deren Pläne mit Premiere protestieren.

© SZ vom 08.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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