Weltmeister Marc Marquez:Yoga-Übung auf dem Motorrad

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Bis fünf Runden vor Saisonende war es noch spannend, dann patzt sein Gegner Dovizioso: Der Spanier Marc Marquez wird in Valencia Weltmeister der Moto-GP-Klasse und holt damit seinen sechsten Titel.

Von Philipp Schneider, Valencia/München

Die Reifen wirbelten Kies in die Luft, seine Ducati neigte sich zur Seite, Andrea Dovizioso versuchte noch einmal, den Sturz zu verhindern, aber es war zu spät. Für einen Moment hatte Dovizioso nicht aufgepasst, er hatte den Anbremspunkt verpasst und war dann über den Randstein geholpert, in Kurve sieben, fünf Runden vor dem Ende des Rennens in Valencia, fünf Runden vor dem Ende einer Saison in der MotoGP, die er ja fast gewonnen hätte. Genau dort endete der Traum des Andrea Dovizioso.

Vielleicht war dem Italiener in diesem Moment die Szene von drei Runden zuvor durch den Kopf gegangen, in der sein Rivale Marc Marquez fast gestürzt wäre. Der alte und neue Weltmeister, der dann auf dem Weg zu seinem vierten Titel in der MotoGP eben doch nicht umgefallen war. Weil er trotz eines Fahrfehlers auf wundersame Weise die Kontrolle über seine Honda behalten hatte. Indem er eine aus dem Yoga entlehnte Figur auf seinem Sitz aufführte, den sogenannten Halbmond (Ardha Chandrasana), sein rechtes Bein in die Luft streckte und die Balance hielt, obwohl er auch noch schräg ins Kiesbett rutschte. Der eine stürzt, der andere nicht. Manchmal ist es so simpel. Und dann war dieses Duell zweier Fahrer vorbei, die 2017 je sechs Rennen gewonnen haben.

Es hätte schon einiges zusammenkommen müssen beim Grand Prix in der spanischen Hafenstadt, damit Dovizioso zum ersten Mal Weltmeister in der Königsklasse geworden wäre. Mit 21 Punkten Rückstand auf Marquez war er zum letzten Rennen gereist. Das bedeutete: Er musste Erster werden - und Marquez durfte trotzdem nicht einmal Elfter werden. Dessen schlechtestes Ergebnis in diesem Jahr war Rang sechs in Mugello, dreimal ist der Katalane ausgeschieden. 25 Mal ist Marquez in diesem Jahr gestürzt, verletzt hat er sich aber nie. Das muss einer auch erst mal hinbekommen. Auch am Freitag beim Training in Valencia ist er gestürzt, und dann noch einmal am Samstag. Am Ende eines Qualifyings, das er trotz allem dominierte und schließlich als Bester beendete. Und weil Dovizioso nur als Neunter ins Rennen ging, war das eine Vorentscheidung.

Bis zum Rennen werde er auf jeden Fall viel riskieren, hatte Marquez zu Beginn der Woche angekündigt. Offen hatte er gelassen, wie viel er während des Rennens riskieren wollte. Nun, er riskierte so wenig wie selten. Zumindest bis acht Runden vor Schluss. Marquez, der es auch wegen seiner anarchischen Fahrweise und Überholmanöver zu einiger Berühmtheit gebracht hatte, hat im entscheidenden Rennen der Saison lange Zeit einen fast sterilen Auftritt hingelegt. Erst nach zwei Dritteln der Renndistanz wirkte es so, als beginne er sich zu langweilen. Vor ihm kreiste Johann Zarco, der 27 Jahre alte Franzose, ein Neuling in der MotoGP, der ihm mit seinem ersten Rennsieg in der Königsklasse an diesem Tag etwas Glanz rauben würde. Das nervte Marquez offensichtlich. Er überholte Zarco - und kurz darauf rutschte er auf bemerkenswerte Weise in die Kurve. Doch Rang drei hinter seinem Teamkollegen Daniel Pedrosa und Zarco genügte ihm zum Gewinn seiner sechsten Weltmeisterschaft. Drei Titel fehlen dem 24-Jährigen noch, um mit dem Italiener Valentino Rossi gleichzuziehen.

© SZ vom 13.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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