Wachsender Druck auf Bundestrainer:"Herr Klinsmann muss seine privaten Interessen zurückstellen"

Lesezeit: 2 min

Nach harschen Worten Franz Beckenbauers haben auch Politiker von Union, SPD und FDP den Bundestrainer deutlich kritisiert. Das deutsche Desaster "gegen Italien muss verarbeitet werden", heißt es. Rückendeckung erhielt Klinsmann von Innenminister Schäuble.

Politiker von Union, SPD und FDP schlossen sich der Forderung von Franz Beckenbauer an, Jürgen Klinsmann solle die Vorbereitungszeit bis zur Weltmeisterschaft in Deutschland verbringen.

"Schließlich steht bei der Weltmeisterschaft viel für Deutschland auf dem Spiel", sagte der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Ernst Hinsken (CSU), der Passauer Neuen Presse. Klinsmann solle mehr Präsenz in der Bundesrepublik zeigen.

Der Bundestrainer war nach der 1:4-Schlappe der deutschen Nationalmannschaft in Italien wieder in seine Wahlheimat Kalifornien zurückgeflogen. Dadurch verpasste er auch den WM-Workshop in Düsseldorf, an dem die meisten Trainer der WM-Nationen teilnahmen. Klinsmann wurde dort von seinem Assistenten Joachim Löw und Team-Manager Oliver Bierhoff vertreten. Bei dem Treffen geht es vor allem um organisatorische Fragen im Vorfeld des Turniers.

Der CSU-Vertreter im Sportausschuss des Bundestages, Stephan Mayer, sagte: "Der Bundestrainer wäre gut beraten, jetzt hier zu sein." Es wäre ein Gebot der Gastfreundschaft gewesen, die Trainer aus aller Welt zu begrüßen. Die Weltmeisterschaft sei ein Ereignis von nationaler Bedeutung. Das müsse auch dem Bundestrainer klar sein. "Herr Klinsmann muss jetzt seine privaten Interessen bis zur WM zurückstellen", forderte Mayer.

SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz attackierte den Deutschen Fußball-Bund: "Der DFB hätte sich niemals darauf einlassen dürfen, dass der Bundestrainer ein Megaereignis wie die WM aus Kalifornien betreut." Alle Funktionäre hätten dies gewusst. Wenige Tage vor Beginn des Turniers sei es nun für Änderungen zu spät.

Klinsmann sieht Mißachtung Löws

Der FDP-Sportexperte Detlef Parr sagte: "Es sind noch drei Monate bis zum Start. Das Länderspiel gegen Italien muss verarbeitet werden. Da gehört Jürgen Klinsmann mit seiner ganzen Autorität nach Deutschland." Das permanente Hin- und Herreisen zwischen Deutschland und den USA sei unverständlich.

Rückendeckung erhielt Klinsmann dagegen vom für den Sport zuständigen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU). "Ich halte nichts davon, mitten im Strom die Pferde zu wechseln. Jürgen Klinsmann hat mein Vertrauen", sagte Schäuble der Bild-Zeitung. Der Nationaltrainer habe "gewiss keine einfache Aufgabe übernommen". Der deutsche Fußballbund, der ihn engagiert habe, habe gewusst, "dass Klinsmann nicht pflegeleicht ist". Er gehe "seinen Weg mit einer Konsequenz, die schon wieder beeindruckend ist", fügte Schäuble hinzu.

Beckenbauer hatte zuvor ungewöhnlich scharfe Kritik an Klinsmanns Abwesenheit geäußert: "Er hätte die Pflicht zur Teilnahme gehabt. Und so viele Pflichttermine hat er ja nicht." Er selbst habe Klinsmann mehrfach aufgefordert, die Hauptzeit vor der WM in Deutschland zu verbringen. "Aber es macht keinen Sinn, mit ihm darüber zu reden."

Bundestrainer Jürgen Klinsmann verteidigte derweil seine Absage für den Workshop und wies die Kritik von WM-Organisationschef Franz Beckenbauer zurück. "Sachlich war mein Erscheinen nicht unbedingt notwendig - da haben wir Joachim Löw, und ich finde die aktuellen Diskussionen auch eine Missachtung ihm gegenüber. Er hat alle sportlichen Dinge unter Kontrolle, die besprochen wurden", sagte Klinsmann der Bild-Zeitung.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: