Vorbereitungsspiel gegen Kolumbien:Generalprobe geglückt

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Im letzten WM-Testspiel bezwingt die deutsche Auswahl den harmlosen Gast Kolumbien nach überzeugender Leistung 3:0.

Noch am Dienstagabend hatte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft mit ihrem bescheidenen Auftritt gegen Japan (2:2) erhebliche Bedenken und sogar Mitleid ausgelöst.

Die zwei Protagonisten im deutschen Team: Kapitan Michael Ballack herzt seinen Torvorbereiter und späteren -schützen Bastian Schweinsteiger. (Foto: Foto: Reuters)

Denn in solch jämmerlicher Verfassung habe wohl nicht einmal ein von Massen unterstützter Ausrichter etwas zu suchen bei einer Fußball-Weltmeisterschaft, ätzten die unerbittlichsten Kritiker.

Nur drei Tage später indes scheint die Sorge, der Gastgeber könne sich womöglich bis auf die Knochen blamieren beim eigenen WM-Turnier, wieder grenzenloser Euphorie zu weichen, die selbstredend ebenso übertrieben wäre wie der Defätismus zuvor.

Doch der 3:0-(2:0)-Erfolg über den freundlichen Testspielgegner Kolumbien am Freitagabend im Mönchengladbacher Nordpark und vor allem die Art und Weise der Aufgabenbewältigung bescherte dem deutschen Team eine blitzsaubere Generalprobe für das Eröffnungsspiel am nächsten Freitag in München.

Schweinsteigers Schau

Bundestrainer Jürgen Klinsmann hatte für die letzte Partie vor dem WM-Auftakt die Zeit der Experimente endgültig für beendet erklärt. Denn seine Aufstellung für das erste WM-Match gegen Costa Rica dürfte zu annähernd 100 Prozent jener ähneln, die er gegen Kolumbien zu Beginn präsentierte. Der Berliner Arne Friedrich nahm dabei wieder den Job auf der rechten Abwehrseite ein, auf links reihte sich trotz Armverbands der Rückkehrer Philipp Lahm ein; vor Friedrich bearbeitete Bernd Schneider die Außenbahn, gegen Japan noch Stellvertreter des Berliners.

Und auch Michael Ballack erhielt seine Wunschposition zurück: postiert vor Torsten Frings, der Absicherung des deutschen Sorgenfalls, der Abwehr; und hinter den Spitzen Podolski und Klose um die Gestaltung bemüht. Ballack und somit auch dem deutschen Spiel tat diese Rückbesinnung gut. Denn der Kapitän ließ sich immer wieder geschickt fallen, verteilte klug die Bälle und nutzte natürlich auch jede Gelegenheit, sich dem gegnerischen Strafraum zu nähern.

Ballacks bewährter Stil hat sich allerdings noch nicht bis nach Kolumbien herumgesprochen, vor allem von seiner Kopfballstärke erfuhren die Gäste wohl erst am Freitagabend - als es bereits zu spät war. Bastian Schweinsteiger, erneut bester deutscher Spieler, hatte sich abermals mit einem gut gezirkelten Freistoß verdient gemacht, und seinen Ball konnte Ballack mit einem präzisen Kopfstoß zum 1:0 verwerten. Niemand störte ihn in diesem Moment, jedenfalls nicht die kolumbianischen Profis Perea und Patino, die sich in seiner Nähe aufhielten. Sie staunten nur.

Einen deutschen Verlierer hatte der Abend wohl: Tim Borowski

Überhaupt rieb man sich bisweilen die Augen beim Anblick der deutschen Darbietung bis zur Pause, denn phasenweise sah es aus, als spiele dort vor ausverkauftem Haus eine Mannschaft tatsächlich Fußball. Schon der Auftakt hatte Entzücken ausgelöst, denn ausgehend vom flinken Dribbler Lahm startete die DFB-Elf nach nur knapp zwei Minuten eine Kombination über Schweinsteiger, Ballack und schließlich Podolski, welche man einer deutschen Elf einfach nicht mehr zugetraut hatte.

Als Faktor etablierte sich am Freitag endgültig Schweinsteiger, der über die linke Seite seinen großartigen Spielwitz zur Geltung brachte und neben Standards inzwischen auch einen ordentlichen Fernschuss zum Repertoire zählen darf. Per wuchtigem Freistoß traf der Münchner in der 37. Minute zum 2:0, worauf er zur Bank lief und nach dem zwischenzeitlich herzhaft gähnenden Ersatzkeeper Oliver Kahn fahndete.

Die Münchner Kumpel klatschten sich fröhlich ab, und vielleicht hat auch ihr Klubtrainer Felix Magath im Urlaub Schweinsteigers Schau verfolgt. Den Mittelfeldspieler würde das freuen, denn in Magaths Bewusstsein hat er sich ja immer noch nicht als zu pflegende Stammkraft etablieren können. Warum auch immer.

Der Rest? Munteres Schaulaufen

Einen Verlierer hatte der launige Vortrag neben den matten Gästen, die offenbar am Ende ihrer Kräfte waren im sechsten Testspiel binnen zwölf Tagen (und auf drei Kontinenten). Denn weil Klinsmann auf Schweinsteiger wohl nicht mehr verzichten wird, dürfte für Tim Borowski kaum Platz sein in der ersten Elf. Vermutlich hat der Bremer deshalb so finster geschaut, nachdem er, soeben eingewechselt, per Flachschuss das 3:0 geschossen hatte (69.).

Der Rest war ein munteres Schaulaufen mit einigen Auswechslungen, unterbrochen nur von einer Schrecksekunde, die Jens Lehmann ausgelöst hatte mit einem misslungenen Ausflug über die Strafraumbegrenzung. Doch Stürmer Rodallega hob den Ball über das leere Tor, womit die zur Simulation Costa Ricas engagierten Kolumbianer tadellos ihre Aufgabe erfüllten.

Denn Klinsmanns Männer und eine gesamte Nation harren plötzlich erwartungsfroh dem großen Turnier. Der Abschied aus Mönchengladbach war jedenfalls triumphal, obwohl der Gegner die deutsche Abwehr kaum einmal geprüft hatte.

© SZ vom 3.6.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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