Volleyball Männer:Weißwurst-Walzer mit dem Kaiser

Lesezeit: 2 min

Herrschings Volleyballer verlieren ihr nach Innsbruck verlegtes Heimspiel im Playoff-Viertelfinale gegen die United Volleys Rhein-Main 0:3 und scheiden damit aus.

Von Sebastian Winter

Die Decke? Fast wolkenkratzerhoch im Vergleich zur Nikolaushalle. Die Optik? Strahlend weiß und nicht backsteinrot wie am Ammersee. Die Zuschauertribüne? Nicht steil, aber schön an allen vier Enden ums Feld herum drapiert, und immerhin bestückt mit 1500 Plätzen, also einem weitaus größeren Fassungsvermögen. Den Vergleich mit dem Herrschinger Pendant hat die Innsbrucker USI-Sporthalle, auf dem Gelände des Universitäts-Sportinstituts ganz im Westen der Tiroler Landeshauptstadt gelegen, klar gewonnen. Auch deshalb ist der Volleyball-Erstligist TSV Herrsching, der im Münchner Umland keine Ausweichhalle fand, am Mittwoch dorthin zu seinem "Heimspiel" aufgebrochen im Playoff-Viertelfinale gegen die United Volleys aus dem Großraum Frankfurt. Und weil er mit dem ansässigen Hypo Tirol Volleyballteam, dem österreichischen Dauermeister, ein freundschaftliches Verhältnis pflegt - samt gemeinsamer Trainingslager.

Vor dem Anpfiff tanzt der König mit dem Kaiser - doch die Euphorie des TSV verfliegt bald

Die Nikolaushalle genügt ja von der Runde der letzten Acht an nicht mehr den Ansprüchen der Volleyball-Bundesliga, sie ist zu klein, zu niedrig. Die Innsbrucker Halle erfüllt die Kriterien, und so machten sich die Herrschinger samt Zwölftonner mit ihrem Equipment auf nach Österreich, für eine Premiere im deutschen Volleyball: Denn ein Playoff-Spiel im Ausland gab es bislang nicht. Dass Aachens Frauen parallel und ebenfalls aus der (Hallen-)Not heraus auf dieselbe Idee kamen und kurzerhand nach Belgien umzogen - geschenkt.

Die Reise nach Tirol war dann aber schneller vorbei, als den Herrschingern lieb sein konnte. Nach der 0:3-Niederlage im ersten Spiel der Best-of-three-Serie in Frankfurt verloren sie auch die zweite Partie vor knapp 1000 Zuschauern 0:3 (16:25, 29:31, 22:25). Die Saison ist für den Tabellensechsten der Hauptrunde damit vorbei. Noch in der Nacht fuhren die Spieler, die beiden Fanbusse und auch der Lkw wieder zurück nach Bayern.

Dabei hatte es gar nicht so schlecht begonnen für den TSV. Am späten Nachmittag sahen sich die Spieler von der Tribüne aus ganz entspannt Teile des österreichischen Playoff-Halbfinales an, das die Innsbrucker 3:1 gegen Union Waldviertel gewannen und damit ins Endspiel einzogen. Es war der Appetitanreger für den Hauptact aus der deutschen Liga. Apropos: An der Verpflegungsstelle wurden Frankfurter Würstchen gereicht - auch die Hessen samt Trainer Michael Warm, der zugleich die österreichische Nationalmannschaft coacht, sollten sich offenbar wohlfühlen. Die Partie startete etwas verspätet um 20.15 Uhr, perfekte Spielfilmzeit also. "Ja, so schön ist mein Tiroler Land", spielten die TSV-DJ's, Herrschings wieder königlich verkleideter Hallensprecher tanzte mit dem österreichischen Kaiser Walzer und hängte ihm eine Weißwurst-Kette um den Hals. Und die Herrschinger starteten gut in die Partie, mit einem krachenden Rückraum-Angriff von Tom Strohbach. Doch schon nach dem 3:3 verließ der Gastgeber plötzlich seine Linie - und fand sie im ersten Satz nicht mehr. Zu viele Aufschlagfehler, Angriffe in Serie ins Aus, unnötiges Hadern mit dem Schiedsrichter: Ihr Spiel wirkte fahrig. Besser wurde es im zweiten Satz, als die Gastgeber auf Augenhöhe mit dem Favoriten aus Hessen um seinen 2,11 Meter großen Diagonalspieler Christian Dünnes spielten. Sie kämpften sich in die Verlängerung, wehrten dort sechs Satzbälle ab (ohne einen eigenen zu haben) - und wurden dann durch einen einzigen Fehler enttäuscht. Strohbach schlug einen Angriff extrem knapp ins Seitenaus, woraufhin TSV-Libero Ferdinand Tille fassungslos den zweiten Schiedsrichter anschrie. Doch sein Protest half nicht.

Auch danach blieb Herrsching zunächst kämpferisch und die Halle sehr stimmungsvoll. Allerdings hechelte der Klub bald einem Drei-Punkte-Rückstand hinterher. Am Ende verloren die TSV-Volleyballer auch den dritten Satz, mit eben diesen drei Punkten Abstand.

Grämen brauchen sie sich trotzdem nicht am Ammersee: Ihre Ziele, das Pokal-Halbfinale und das Playoff-Viertelfinale, haben sie alle erreicht. Und dazu noch für eine grenzenlose Premiere gesorgt.

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: