Volleyball-EM der Männer:Zwei Spiele, zwei Pleiten - und Ärger ums Aufgebot

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Bei der EM in Bulgarien überrascht Bundestrainer Vital Heynen mit fragwürdigen Wechseln - und verliert. Gido Vermeulen, der Coach des Gegners Niederlande, beklagt sich heftig.

Am Ende des EM-Vorrundenspiels zwischen den deutschen Volleyballern und den Niederländern krachte es heftig - allerdings nicht auf dem Hallenboden, sondern zwischen den Trainern: "Wenn man Volleyball liebt, macht man das nicht", sagte Niederlandes Coach Gido Vermeulen nach dem Sieg im Nachbarschaftsduell bei der Europameisterschaft in Bulgarien.

Der Grund: Bundestrainer Vital Heynen wechselte durch, schickte aus Kalkül ein B-Team aufs Feld, um Kräfte für das Gruppenfinale am Sonntag gegen Tschechien zu sparen. Die 2:3-Niederlage (25:17, 23:25, 25:22, 21:25, 13:15) gegen den Weltranglisten-25. aus den Niederlanden kam daher nicht allzu überraschend, Vermeulen schimpfte über seinen belgischen Kollegen auf der deutschen Bank: "Das ist nicht die Art und Weise, wie Niederländer das machen. Wir haben versucht, ein klares Spiel zu bieten. Wir sind nicht glücklich über dieses Verhalten."

"Wir gehen ein ganz großes Risiko"

Der riskante Hintergedanke Heynens: Seine ausgeruhten Stars um Diagonalangreifer Georg Grozer ziehen mit nur einem Sieg im letzten Gruppenspiel am Sonntag (16.45 Uhr/laola1.tv) gegen die deutlich schwächeren Tschechen in die K.o.-Runde ein und gehen dabei in einem möglichen Viertelfinale mit etwas Glück auch noch Weltmeister Polen aus dem Weg.

"Wir haben Kraft gespart in der Hoffnung, dass es am Ende hilft. Das kann sicher schiefgehen. Wir gehen ein ganz großes Risiko", räumte Heynen einen Tag nach dem heftigen 0:3 gegen Co-Gastgeber Bulgarien und damit der zweiten Pleite im zweiten Spiel ein. "Ich denke aber, unser Ziel ist ganz hoch, da muss man auch ins Risiko gehen."

Augen zu und Block: Dick Kooy (l) schmettert gegen Jochen Schops (M) and Tim Broshog (r.). (Foto: Vassil Donev/dpa)

Sein Ziel ist die erste EM-Medaille, in der Vorbereitung schlug Heynens Team sogar Olympiasieger Russland. Die meisten seiner Spieler stapften nach der zweiten Niederlage angefressen durch die Mixed Zone. "Die Mannschaft weiß, dass ich manchmal Sachen mache, die nicht Durchschnitt sind", erklärte jedoch Heynen. "Der erste Platz war ja quasi schon weg", verteidigte Kapitän Jochen Schöps die Marschroute seines Coaches. "Georg konnte geschont werden, das ist gut."

Grozer reagierte zwiegespalten auf seinen freien Wettkampftag. "Ich will immer gewinnen. Wenn man mich nicht aufs Feld lässt, ist es schwierig, etwas dagegen zu machen", sagte der 30-Jährige. An der Entscheidung Heynens gab es nicht viel zu deuteln. "Er ist der Chef, ich bin der Spieler. Darüber kann man diskutieren." Nun müsse man sich auf das wichtige Spiel gegen Tschechien konzentrieren.

Heynen hatte die Rotation mit Kalkül vorzeitig angekündigt

Der deutsche Trainer Vital Heynen lag sich mit seinem niederländischen Kollegen in den Haaren. (Foto: Vassil Donev/dpa)

Heynen hatte schon beim Abschlusstraining eine Rotation angekündigt. Tatsächlich gönnte er seinen Stammkräften Georg Grozer, Markus Steuerwald, Michael Andrei und Denys Kaliberda Pausen. Selbst ohne sie machte der WM-Dritte Deutschland seine Sache gut. Über ein 13:9 und 20:13 holten die Deutschen nach knapp 25 Minuten mit 25:17 Satz eins.

Heynen setzte sein Wechselspiel vor anfangs leeren Rängen in der Arena Armeec in Sofia dennoch im zweiten Durchgang fort. Jetzt durften aus dem zweiten Glied auch Dirk Westphal sowie der 23-jährige Tom Strohbach und der 22-jährige Jan Zimmermann ran. Maßnahmen mit Kalkül: Denn wird seine Mannschaft nur Gruppendritter, trifft sie bei einem Einzug ins Viertelfinale wahrscheinlich wieder auf Bulgarien, gegen die sie am Freitag zwar klar unterlag. In einem zweiten Aufeinandertreffen dürfte sie allerdings nicht chancenlos sein: In der Weltrangliste ist Deutschland als Siebter zwei Positionen vor Bulgarien.

Als Zweiter ihrer Gruppe bekämen es die Deutschen bei Erreichen des Viertelfinales hingegen vermutlich mit Weltmeister Polen zu tun - die klar schwerere Aufgabe. Was jetzt den Niederländern und ihrem wütenden Trainer Gido Vermeulen droht.

© SZ vom 11.10.2015 / SZ/DPA - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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